Das Oberste Gericht Argentiniens hat am Dienstag (29.) die Verfassungsmäßigkeit des Mediengesetzes erklärt. Damit endet eine fast vierjährige juristische Schlacht zwischen der Mediengruppe Clarín S.A. und dem argentinischen Staat, in der es hauptsächlich um die Klärung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit mehrerer Paragrafen des Gesetzes zur audiovisuellen Kommunikation ging. Das Urteil ist ein starker Impuls für die argentinische Regierung, die bei den Parlamentswahlen vom Sonntag (27.) stark gebeutelt wurde und empfindliche Verluste hinnehmen musste.
Der argentinische Senat hatte bereits im Oktober 2009 die entsprechende Vorlage der Regierung mit 44 zu 24 Stimmen abgesegnet. Die wichtigsten Eckdaten: Rundfunk und Fernsehen müssen zu jeweils einem Drittel von privaten, staatlichen oder gemeinnützigen Organisationen angeboten und betrieben werden. Statt bisher 24 Radio- oder Fernsehkanäle soll ein Unternehmer nur noch zehn Kanäle betreiben dürfen. Zudem darf, wer über Antennenempfang ausstrahlt, in derselben Senderegion nicht gleichzeitig über Kabel senden und umgekehrt. Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner betonte, dass die Bedeutung der öffentlichen Medien gegenüber den privaten gestärkt werde, das Gesetz sei ein Schritt hin zu mehr Medienvielfalt. Die Opposition und die Großen der Pressebranche hatten über vier Jahre dafür gesorgt, dass das Gestez nicht in vollem Umfang zur Anwendung kam.
Die Kirchner-Regierung argumentierte, den aus Diktaturzeiten stammenden rechtlichen und institutionellen Rahmen der argentinischen Medienlandschaft reformieren zu wollen. Die alte Regelung privilegierte, ganz im Sinne einer autoritären Kontrolle, wenige in Diktaturzeiten genehme Print-medienkonzerne, die während der Privatisierungswelle in den neunziger Jahren Radio-, TV- und Kabellizenzen anhäuften und somit bis heute die argentinische Medienlandschaft mit monopolartigen Strukturen beherrschen. Über die Notwendigkeit der Reform bestand breiter gesellschaftlicher Konsens. Das neue Mediengesetz dürfte weltweit einen der demokratischsten Versuche darstellen, Meinungspluralität und –diversität als Grundvoraussetzung für demokratische Teilhabe unter aktiver Beteiligung von Bürgern zu entwickeln und zu garantieren.
Der argentinische Markt ist einer der am stärksten konzentrierten in Lateinamerika. Laut einer vergleichenden Studie des in Lima ansässigen »Instituts für Presse und Gesellschaft« dominieren die vier größten Verlage 83 Prozent des gesamten Marktes im Bereichen Print, Radio, Fernsehen und Telefon/Telekommunikation. Im Jahr 2000 waren es noch 78 Prozent. Die größte unter ihnen ist die Gruppe Clarín. 1945 gegründet, hat sie sich zu einem der bedeutendsten Medienkonzerne Lateinamerikas gemausert. Was der Konzern verbreitet, wird wahrgenommen. Ihr Flaggschiff ist die gleichnamige Tageszeitung mit einer verkauften Tagesauflage von über 400.000 Exemplaren. Aufgrund dieser monopolartigen Stellung herrscht wenig Transparenz und es ist nicht immer ersichtlich, ob der Informationsauftrag im Vordergrund steht. Nachrichtensendungen zeichnen sich oft durch ein Analysedefizit und einen übermäßig großen Anteil an sensationslüsterner Berichterstattung über Gewaltkriminalität und Unglücke aus.
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