Bogotá ist in Aufruhr. Der oberste nationale Staatsanwalt Kolumbiens (Procurador Nacional Alejandro Ordonez) hat den Bürgermeister der Hauptstadt, Ex-Guerillakämpfer Gustavo Petro, abgesetzt und ihm für 15 Jahre verboten öffentliche Ämter zu bekleiden. Im Moment spricht Petro vor Zehntausenden, die sich auf der Plaza Bolívar versammelt haben um für ihren Bürgermeister zu demonstrieren. Er wird begleitet von Aida Abella, der Präsidentin der Union Patriotica und Antonio Navarro Wolff, Ex-Gouverneur des Departaments Narino und Weggefährte von Petro in der Guerilla M19.
Petro spricht von historischen Tagen, denen Kolumbien entgegengeht und zitiert Parallelen zu der politischen Verfolgung der Linken in der Vergangenheit in Kolumbien, der Auslöschung der UP Führung, dem Mord am Verhandlungsführer der M19 nach dem Freidensvertrag mit der Guerilla und der Ermordung des Präsidentschaftskandidaten Luis Carlos Galan.
Der Staatsanwalt wirft Petro Chaos bei der Re-Nationalisierung der Müllabfuhr Bogotas Ende 2012 und “spontaneistisches Verhalten” bei dem Abschluss neuer Verträge vor. Ordonez hatte bereits die Senatorin Piedad Cordoba, die sich in der Freilassung von Geiseln der Guerilla engagiert hatte, ihres Senatspostens enthoben, weil sie mit der FARC verbotene Kontakte hatte. Politische Beobachter halten den Vorwurf, dass Petro für das Müllchaos im Dezember vergangenen Jahres verantwortlich ist, für zu lächerlich um einen gewählten Bürgermeister abzusetzen.
Die Meinung herrscht vor, dass der dem ehemaligen rechten Präsidenten Uribe nahestehende Ordonez einen Grund gesucht hat, um Petro politisch aus dem Weg zu schaffen. Die Menschen auf der Plaza Bolivar sind aufgebracht, die Furcht geht um, dass diese Entscheidung Anlass für neue rechte Gewalt gegen gewählte Politiker der Linke in Kolumbien liefert. Es wird auch erwartet, dass sie Einfluss auf die Friedensgespräche in Havanna haben könnten, da die FARC befürchten muss, bei nächster Gelegenheit ebenfalls aus dem gerade ausgehandelten politischen Betätigungsprozess wieder ausgeschlossen zu werden.
Die Demonstrationen werden die Nacht über und sicher auch morgen weitergehen. Vor allem die Jugendlichen der armen Vorstädte Bogotas, denen die Politik Petros galt, drohen sich diese Entscheidung nicht gefallen zu lassen. Eine Militarisierung der politischen Auseinandersetzung in Bogota und Kolumbien ist zu befürchten. Man kann nicht sagen, was in den nächsten Tagen passieren wird – aber die Zeichen stehen auf Sturm.
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