Tsunami der sozialen Unruhen überschwemmt Venezuela

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Datum: 24. März 2014
Uhrzeit: 10:38 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 7 Kommentare
Autor: Vinicius Love, Caracas (Leser)
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

In Venezuela gibt es seit Anfang Februar eine Protestwelle gegen den sozialistischen Staatschef Nicolás Maduro, dabei wurden nach Behördenangaben mindestens 34 Menschen getötet. Nach Meinung internationaler Analysten sind die Proteste nur die erste Welle eines „Tsunami der sozialen Unruhen“, die gerade erst begonnen hat und an Intensität zunehmen wird.

Im erdölreichsten Land der Welt regiert das wirtschaftliche Chaos, der Zusammenbruch des Chávez-Modell schreitet unerbittlich voran. Konnten in der Vergangenheit die Petrodollars noch ein falsches Gefühl von Wohlbefinden erzeugen, wird das tägliche Leben in Venezuela inzwischen von Protesten beherrscht. „Die aktuellen Proteste sind nur die erste Welle von einer sich räumlich ausbreitenden Veränderung der Unzufriedenheit und sozialen Unruhen“, erklärt Diego Moya Ocampos, Analyst für Lateinamerika bei „IHS Länderrisiko“.

„Venezuela leidet seit zwei Jahren unter einer wirtschaftlichen Rezession, Hyperinflation und einer schweren Produktknappheit. Die nächsten zwei Jahre werden wir permanente Straßenproteste erleben“, fügt Ocampos hinzu. Diese Proteste erodieren die Basis und ein schwacher Präsident ist nicht in der Lage, wirksam auf die Bevölkerung einzugehen. Seine wilde Repression gegen die Bevölkerung wird die Opposition weiter stärken und die Bevölkerung noch mehr gegen ihn aufbringen.

Nach jüngsten Umfragen glauben etwa 70 Prozent der Venezolaner, dass die wirtschaftliche Lage im Land schlecht. Diese Zahlen kontrastieren mit den 10,1 Prozent, die glauben, dass sie „gut“ ist und 1,3 Prozent stimmen für „sehr gut“. Darüber hinaus lehnen 70,9 Prozent der Venezolaner das Wirtschaftsmanagement von Maduro ab, 86,9 Prozent bezeichnen die wirtschaftliche Lage als „ernst“.

Die viel zitierte Wirtschaftskrise, die bereits die Grundlagen des Regimes erschüttert, ist allerdings nichts im Vergleich zum vorhersehbaren Zusammenbruch des privaten Sektors. „Die Privatwirtschaft steckt in einer tiefen Krise und befindet sich in einem Zeithorizont von nicht viel länger als 30 Tagen. Viele Unternehmen sind mit einer unhaltbaren Situation konfrontiert. Wenn es nicht bald eine radikale Veränderung in der wirtschaftlichen und politischen Führung des Landes gibt, verlieren wir unser komplettes Produktivvermögen“, analysiert Victor Maldonado, Direktor der Handelskammer Caracas (Consecomercio).

Laut Maldonado haben bereits viele Firmen ihre Kreditlinien im Ausland verloren. Das linksgerichtete Regime hat keine ausreichende Mengen an Fremdwährung, die Situation wird als dramatisch beschrieben. Die wenigen Firmen, die noch in Venezuela produzieren, beginnen ihre Türen zu schließen. „Trotz mehrfachen und schon fast flehentlichen Bitten bekommen wir keine US-Dollar und können dringend benötigte Waren und Ersatzteile nicht kaufen. Die Unfähigkeit dieser Regierung wird immer offensichtlicher“, erklärt Pedro Palma, ehemaliger Präsident der Nationalen Akademie der Wirtschaftswissenschaften von Venezuela.

„Wir sprechen hier von einem Debakel mit einem Ausmaß, wie es noch nie zuvor in der jüngeren Geschichte des Landes zu sehen war. Wir sprechen von einem Prozess der kompletten Vernichtung der Privatwirtschaft“, bringt es David Morán, ehemaliger Vizeminister für Finanzen, auf den Punkt.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    hugo

    hier ist alles gesagt, was zu sagen ist.

  2. 2
    Martin Bauer

    „…Prozess der kompletten Vernichtung der Privatwirtschaft…“ – Ja wo ist denn da die Überraschung? Das Erstaunliche ist, dass es 15 Jahre nach Beginn der „sozialistischen Revolution“ noch immer Privatwirtschaft gibt. Überall sonst, im Kommunismus, wurde sie in kürzester zeit durch eine nicht funktionierende Planwirtschaft von Staatsbetrieben ersetzt. Aber selbst für diesen Schwachsinn ist der PSUV Klan zu dämlich und intern zu uneinig. Ideologen aus Kuba und Deutschland sind machtlos, gegen Egoismus, Gier, Faulheit und die kategorische Unfähigkeit dieser Leute, auch nur irgend etwas, das komplexer ist, als eine Pinkelpause, planmässig und diszipliniert durchzuziehen.

  3. 3
    thor

    na dann können wir ja den SENIAT abschaffen…

  4. 4
    hugo

    hallo herr bauer,
    immerhin haben ein teilder venezualer schon nach 15 jahren gemerkt das es nicht funktsoniert.
    unsere teuren genossen der ddr brauchten dafür fast 40 jahre.
    da fragt man sich wer das dümmere volk ist.
    als die ddr 89 auf die strasse ging mit dem spruch “ wir sind das volk“ hätten sie besser den spruch „wir sind das dummen bankrott volk gerufen“
    leider sind wir hier noch nicht soweit. solange gelder aus china,russland und wie wir heute gelesen auch noch von der eu fließen tut sich hier nichts.
    kein mann oder frau in sicht die hier das ruder herum reisen könnte.
    auch würde man keine investoren finden die hier noch einmal investieren würden.
    das land und die menschen müssen erst wieder lernen was not ist um neu anzufangen.
    hier sollte man auch nicht die schuld bei anderen mächten,usa,kuba,china,eu und russland suchen,sondern die eigenen feinde im land sehen.

    • 4.1
      Martin Bauer

      Das kann man kaum vergleichen, würde auch nichts bringen. In der Ostzone gab es am 17. Juni 1953 einen Volksaufstand mit verheerenden Folgen. Schon vergessen? – Und, gemerkt haben die Venezolaner das schon lange. Auch hier gab es in 2002 einen Aufstand mit vielen Toten.
      Aus der Sch…. raus zu wollen heisst noch lange nicht, es auch zu können.

    • 4.2
      Herbert Merkelbach

      Der Vergleich „DDR“ mit Venezuela hinkt doch etwas. Als 1945 die „Gruppe Ulbricht“ aus Moskau in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands eintraf, wurde sofort mit dem „Aufbau des Sozialismus/Kommunismus“ begonnen. Zwischen 1945 und 1949 wurde von der sowjetischen Militärverwaltung entschädigungslos fast alle Betriebe enteignet. Da die Wirtschaft, egal ob in Ost- oder in Westdeutschland am Boden lag, war dies in der SBZ sehr einfach zu vollziehen. Chavez hat seit 1998 eine funktionierende Volkswirtschaft Stück für Stück beeinträchtigt/in Mitleidenschaft gezogen. Darin liegt der Unterschied zu Venezuela.
      Es ist grundsätzlich ein Unterschied, ob Sie eine Volkswirtschaft von Grund auf neu aufbauen oder eine bereits existierende übernehmen und umgestalten.

  5. 5
    Alba

    Da hat man echt nichts mehr hinzuzufügen.
    Trotzdem, ein Wort noch, jedes Land ist so dumm (?) wie es erzogen wird, und da meine ich, haben schon die Regierungen vor dem sozialistischen Traum versagt, dies muss man Gerechtigkeitshalber zugeben können. Deshalb hoffe ich, dass nach diesem Albtraum endlich mal eine Regierung an die Macht kommt, welche neben dem Geld scheffeln (ist legitim) auch an die Bevölkerung denkt und dieser eine Bildung zugesteht. Neben Erdöleinnahmen, müssen auch endlich mal Steuern eingetrieben werden, soziale Gerechtigkeit muss auch mal her, sonst wird keine Regierung überleben können. Eine kleine Elite (Studenten) hat es ja nun allen gezeigt, was mitdenken heißt, nämlich im Notfall auf die Strasse zu gehen und dies werden sie immer wiederholen, solange keine Gerechtigkeit herrscht.

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