Lateinamerika: Bei den Schuhputzern in La Paz – Freiwilligenarbeit in Bolivien

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Projekt zur Unterstützung von Schuhputzern in La Paz (Foto: Henrik Detering)
Datum: 01. April 2014
Uhrzeit: 08:17 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
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Nach dem Abitur die Welt entdecken, Erfahrungen sammeln, andere Kulturen kennenlernen, etwas Hilfreiches für andere tun – all das können Beweggründe für einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst sein. Seit August 2013 arbeitet Henrik Detering für ein Jahr als Freiwilliger im südamerikanischen Land Bolivien. Der Göttinger berichtet von seiner Arbeit in einem Projekt zur Unterstützung von Schuhputzern in La Paz.

Seit fast fünf Monaten bin ich nun in La Paz, dem Regierungssitz Boliviens und arbeite mit Schuhputzern im gesamten Stadtzentrum zusammen. Nachdem ich mich mithilfe von „VoluNation“ über die Möglichkeiten sozialen Engagements im Ausland informiert hatte, entschied ich mich für einen Freiwilligendienst in Bolivien im Rahmen des staatlichen „Weltwärts“-Programmes.

Unterstützung der Schuhputzer

Diese soziale Arbeit ist nötig, weil Schuhputzer hier in La Paz starker Diskriminierung ausgesetzt sind. Sie zählen zu der untersten Gesellschaftsschicht, weil die allgemeine Meinung herrscht, alle Schuhputzer würden Alkohol trinken, Klebstoff schnüffeln und klauen. Um zu verhindern, dass Familienangehörige, Bekannte oder Freunde erfahren, dass sie Schuhe putzen, maskieren sich weit über 90 % der Schuhputzer mit einer Gesichtsmaske, was das Misstrauen gegen sie noch verstärkt. Hinzu kommt, dass die meisten Schuhputzer weder Bankkonto noch Krankenversicherung haben, was ihre Situation weiter verschlechtert. Ziel des Projektes ist, ihre gesellschaftliche Stellung, ihre Bildungschancen und ihre allgemeinen Lebensbedingungen zu verbessern oder hierzu Hilfestellung zu leisten.

Familiäre Stimmung im Team

Unser Team in La Paz ist relativ klein. Es umfasst lediglich sechs Volontäre (zwei bolivianische und vier deutsche), drei Sozialarbeiterinnen, eine Sozialpädagogin, eine Buchhalterin, eine Sekretärin und meine deutsche Chefin. Diese überschaubare Anzahl schafft eine sehr familiäre Stimmung im Team und führt zu einem intensiven Austausch deutscher und bolivianischer Kultur. Da meine Chefin hier in Bolivien Deutsche ist, habe ich meine Ansprechpartnerin direkt vor Ort. Dies ist sehr angenehm, da man Fragen und Wünsche schnell klären kann.

Hilfe direkt auf der Straße

Meine Arbeit besteht im Wesentlichen aus zwei Seiten. Einige Zeit helfe ich im Büro bei administrativen Dingen. Den mit Abstand größeren Teil arbeite ich jedoch direkt mit den Schuhputzern auf der Straße. Konkret bedeutet dies, dass wir von einem Schuhputzer zum nächsten gehen und uns mit jedem unterhalten. Dies hört sich vielleicht erst mal wenig zielführend an, ist jedoch äußerst wichtig.

bolivien

Wir helfen den Schuhputzern in ganz verschiedenen Bereichen. Ich unterstütze bei Krankenhausrechnungen, Schulmaterial etc. direkt finanziell auf der Straße, wodurch die Hilfsmittel auch tatsächlich direkt nützen und genutzt werden. Wie oben erwähnt haben die wenigsten Schuhputzer ein Bankkonto, da hierfür einige Papiere und ein Startkapital gebraucht werden, dass die meisten nicht haben. Um dennoch die Möglichkeit zu haben, Geld anzusparen, können die Schuhputzer mit den Freiwilligen Rücklagen ansammeln, auf welche sie natürlich jederzeit vollen Zugriff haben. Es gehört also auch zu meinen Aufgaben, sie zum Sparen von Sicherheitsrücklagen zu begeistern, da diese langfristige Sicht vielen Schuhputzern von sich aus häufig fehlt.

Da ich mit ca. 55 Schuhputzern zusammenarbeite, gibt es auch stets andere Arbeiten zu erledigen, sei es die Hilfe bei der Beschaffung von Papieren, ein Hausbesuch oder wie neulich der Besuch im Krankenhaus einer schwangeren Schuhputzerin, die ihr Kind bekommen hat.Wie man aus diesen Schilderungen wohl entnehmen kann, gibt es immer eine Menge zu tun. Da diese Arbeit aber ungemein abwechslungsreich und spannend ist, ist dies kein Problem. Im Gegenteil: Durch die ständige Arbeit auf der Straße komme ich sehr oft ins Gespräch mit Bolivianern jeder Herkunft und Bevölkerungsschicht und knüpfe nicht zuletzt über die Schuhputzer viele

Verbindungen zu Bolivien.

Bolivien ist eines der ärmsten Länder Südamerikas. Es ist ein Land mit vielen Problemen und Konflikten: zwischen Hoch- und Tiefland, zwischen reich und arm, zwischen Weiß und Indigen. Wenn man sagt, dass man aus Deutschland kommt, ist die Freude und das Interesse oft riesig. Dass man als weißer Europäer gelegentlich Interesse weckt, hatte ich im Vorhinein erwartet, dass man aber derart oft auf die eigene Herkunft angesprochen wird, hat mich dann doch überrascht. Ich habe großen Spaß an dem Leben und der Arbeit in La Paz. Ich freue mich schon auf die nächsten Monate!

Über VoluNation

VoluNation ist Spezialist für weltweite Freiwilligenarbeit. Neben einem umfassenden Beratungsangebot bietet VoluNation kurzfristig buchbare Freiwilligenprojekte in mehreren Staaten Afrikas, Asiens und Südamerikas an. Weitere Informationen sind im Internet erhältlich.

Autor: Henrik Detering

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