Google und Microsoft wollen die Favelas von Rio de Janeiro und anderen brasilianischen Städten kartieren. Die US-Unternehmen haben in den vergangenen Monaten bereits mit der grafischen Auswertung der Messdaten aus den Armensiedlungen begonnen. Dies ist das erste Mal, dass einige der besonders in Randlagen der großen Städte Brasiliens liegenden Marginalviertel auf einer Karte erscheinen und damit über eine Online-Präsenz verfügen. Einige der Straßen der informellen Siedlungen werden sogar einen offiziellen Namen erhalten. Ganz uneigennützig sind die Pläne der beiden größten Technologie-Unternehmen der Welt allerdings nicht.
Im größten Land Lateinamerikas leben mehr als 11,5 Millionen Menschen oder über sechs Prozent der Gesamtbevölkerung unter oftmals prekären Bedingungen mit mangelhaften Zugang zu elementaren Versorgungseinrichtungen in den sogenannten Favelas. Die rund 3,22 Millionen Häuser und Hütten liegen in 6.329 Armenvierteln, von denen sich die meisten in den Metropolen und städtischen Zentren des Landes befinden.
Favelas sind eine eigene Welt und für die Regierungen der städtischen Kommunen keine Vorzeigeobjekte. Die oft als Schandflecke bezeichneten Slums tauchen deshalb auf keinen offiziellen Stadtkarten auf. Die Behörden weigerten sich bislang, Kartografen zu entsenden oder offizielle Adressen und Straßennahmen zu vergeben. Dadurch sind diese bewohnten Gebiete praktisch aus jedem Verwaltungssystem ausgeschlossen, eine Kartierung würde diese Probleme beseitigen und die Favelas in eine „größere Welt“ integrieren.
Statistische Daten des Forschungsinstitutes “Data Popular” belegen, dass mehr als die Hälfte der Haushalte in den Favelas über einen Internetanschluss verfügt – 57 Prozent surfen per “Banda Larga” (Breitband-Internet). Darüber hinaus ist “Facebook” das am häufigsten verwendete soziale Netzwerk der Slumbewohner und 85% der Internet-Nutzer hat ein Benutzerprofil.
Es wäre sicherlich falsch zu behaupten, dass die Pläne von Google und Microsoft keine greifbaren Vorteile für die beiden Unternehmen hätten. Mit einer Kartierung eröffnen sich neue Wege in Richtung Verkauf von Dienstleistungen per geographischer Lage, Anwendungen für mobile und andere Online-Dienste. Schätzungen von Google gehen davon aus, dass 85% der Bevölkerung der Favelas über ein Handy verfügt – was sie dadurch automatisch zu potentiellen Konsumenten von Online-Dienstleistungen macht.
Googles lässt Freiwillige mit der Google-Anwendung Mapmaker Standorte in den Favelas Rocinha, Caju und Vidigal per Smartphone fotografieren. Die Fotos lassen sich auf Google Maps hochladen. Microsoft will in den nächsten Wochen und Monaten das Mapping von rund 40 Favelas in Rio de Janeiro verwirklichen und pant noch vor Ende des Jahres 2014 diese Praxis auf andere Länder zu erweitern.
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