Das südamerikanische Land Ecuador hat in den letzten Jahren gezeigt, dass die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ein zentraler Aspekt der Regierungsstrategie ist. Der nationale Wirtschaftsplan sieht nicht nur Investitionen in die Infrastruktur, sondern auch in Bildung, akademische Lehre und Forschung vor. Der Aufbau einer strukturierten Wirtschafts- und Forschungslandschaft wird daher zielstrebig vorangetrieben und orientiert sich an positiven Beispielen aus aller Welt – Beispielen wie Fraunhofer.
Einer der Kernpunkte ist die nach Fertigstellung fast 4500 Hektar große Stadt »YACHAY – City of Knowledge«, etwa 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Quito in der Region Imbabura gelegen. Das Wort »YACHAY« (sprich: Jatschei) stammt aus der indigenen Sprache Quechua und bedeutet »Wissen, Bildung, Lernen«. Damit ist direkt klar, worum es bei dem Großprojekt geht. Um langfristig eine nachhaltige und flächendeckende soziale und ökonomische Entwicklung des Landes zu ermöglichen, setzt Ecuador im Bereich der Bildung und Forschung an. Positive sozioökonomische Effekte für das ganze Land sind nur eine der Errungenschaften, die man sich von der »Stadt des Wissens« erhofft.
Führendes Forschungszentrum in Lateinamerika
YACHAY, dessen Planung alleine über 10 Millionen US-Dollar veranschlagte, ist in vier infrastrukturell miteinander verbundene Stadtteile unterteilt, die jeweils verschiedene Funktionen erfüllen. Neben einem unternehmerischen Bereich existieren ein Bereich für Stadtplanung sowie einer für Infrastruktur. Komplettiert wird YACHAY durch den akademischen Bereich, dessen Kernpunkt die bereits fertiggestellte Universität samt Campus »YACHAY Tech« ist. In der Lehre und Forschung konzentriert sich die Universität auf fünf Fachbereiche: Umweltwissenschaft, ICT (Informations- und Kommunikationstechnik), Nanowissenschaft, Energie und Petrochemie. YACHAY Tech soll Studien- und Forschungsvoraussetzungen bieten, die sich mit dem internationalen Standard messen können. Das Ziel ist ehrgeizig: »YACHAY soll ein Vorbild in Sachen Bildung und Forschung für die gesamten Andenstaaten sein«, so Fernando Albericio (Ph.D), leitenden Rektor von YACHAY Tech.
Delegation aus Ecuador zu Gast bei Fraunhofer UMSICHT
Gemeinsam mit dem zuständigen Koordinator für internationale Beziehungen und institutionelle Belange von YACHAY Tech, Vicente José Benito Gil (Ph.D), ist Albericio zur Zeit weltweit unterwegs, um Forschungsinstitutionen zu besuchen. Es werden Verhandlungen mit internationalen Kooperationspartnern und möglichen Dozenten geführt. Ein wichtiger Anlaufpunkt für die Vertreter von YACHAY Tech war am 13. Oktober 2014 das Oberhausener Forschungsinstitut Fraunhofer UMSICHT.
Bereits 2010, weit vor Bau und Eröffnung der YACHAY Tech-Universität, gab es erste Kontakte zwischen Fraunhofer UMSICHT und YACHAY EP (empresa publica), das als staatliches Unternehmen im Auftrag der Regierung die Planung und Konstruktion von YACHAY durchführte. Gabriela Ortmann, Abteilung Bioraffinerie und Biokraftstoffe bei Fraunhofer UMSICHT, koordiniert im Auftrag von Dr. Axel Kraft, Leiter der Abteilung, und Dr. Anna Grevé, Abteilungsleiterin Ideenfabrik Think Tank Energy, die Kontakte. Im November 2013 trafen sich Dr. Kraft, Ortmann und Vertreter der YACHAY EP erstmals persönlich in Madrid, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Anfang 2014 war Dr. Kraft – neben gut 90 anderen internationalen Experten – in Ecuador bei der Eröffnung von YACHAY Tech zu Gast.
Die gemeinsamen Interessen sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass im Rahmen dieses jüngsten Treffens ein Memorandum of Understanding (MoU) unterschrieben wurde. Es sichert eine Kooperation zwischen Fraunhofer UMSICHT und YACHAY Tech zu, die in naher Zukunft konkretisiert werden soll. So ist z. B. die Einladung von Fraunhofer-UMSICHT-Mitarbeitern an die ecuadorianische Universität vorgesehen, damit diese sich vor Ort einen Eindruck von YACHAY und den damit verbundenen Möglichkeiten machen können.
Moderner Technologietransfer
Technologietransfer zwischen Industrieländern und sich entwickelnden Ländern (Schwellenländer) war historisch oft auf die Vorstellungen reduziert, dass sich Industrieländer nur auf Anlagenverkauf und Inbetriebnahme in diesen Ländern konzentrieren sollten. Dieses Konzept hat sich in den letzten Jahren maßgeblich verändert – auch weil Länder wie Ecuador auf wissenschaftlich-technologischer Ebene heute mehr zu bieten haben als geringe Lohn- und Produktionskosten. Initiativen wie die von Fraunhofer UMSICHT und YACHAY Tech erlauben es, modernen Technologietransfer so weiterzuentwickeln, dass in partnerschaftlicher Zusammenarbeit neue Technologien an bestehende Bedingungen in Ecuador angepasst werden können. »Die Kooperation zwischen Fraunhofer UMSICHT und YACHAY Tech ist eine Win-win-Situation, die zum einen das Kennenlernen verschiedener Sichtweisen ermöglicht, zum anderen über gemeinsame Geschäfte das Wachstum fördert«, erklärt Gabriela Ortmann.
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