Die Strafuntersuchungen in der Schweiz rund um die Pleite des italienischen Lebensmittelkonzerns Parmalat sind beendet. Die Bundesanwaltschaft (BA) hat insgesamt über 30 Millionen Franken sichergestellt und erhebt nun in diesem Fall vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona ein letztes Mal Anklage. Diese richtet sich gegen einen italienischen Staatsangehörigen und lautet auf schwere Geldwäscherei, wiederholte Urkundenfälschung und Bestechung.
Der in Italien wohnhafte Beschuldigte war zuerst in leitender Position in der Mailänder Niederlassung der amerikanischen Bank Bank of America N.A. und in der Folge auch als Berater der italienischen Firma Parmalat S.p.A. tätig. Von 2000 bis 2004 soll er in der Schweiz, hauptsächlich in den Kantonen Tessin und Graubünden, aber auch im Fürstentum Liechtenstein, nicht weniger als 85 Millionen Franken (gemäss dem damaligen Wechselkurs) gewaschen haben; die Gelder rührten von den Unterschlagungen her, die mit anderen Personen zum Schaden des italienischen Konzerns begangen wurden.
Um die beachtliche Geldsumme zu waschen, soll der Angeklagte – den Vorwürfen der BA zufolge – auf Strohmänner und Briefkastenfirmen lautende Bankkonten verwendet, Bankunterlagen gefälscht und einen Angestellten der Graubündner Kantonalbank bestochen haben. Letzteren hat das Bundesstrafgericht im Dezember 2013 in einem abgekürzten Verfahren wegen schwerer Geldwäscherei und Sichbestechenlassens bereits verurteilt. Seit Beginn der Ermittlungen wurden weitere elf Personen, die weniger bedeutende Rollen innehatten, u. a. wegen Geldwäscherei, Urkundenfälschung und Begünstigung mittels Strafbefehls bereits rechtskräftig verurteilt; darunter auch zwei schweizerische Bankberater sowie einen damals auf dem Platz Lugano aktiven Treuhänder.
Die Rekonstruktion der Tatsachen, und namentlich der Banktransaktionen, durch die Analysten der BA in Zusammenarbeit mit der Bundeskriminalpolizei war nicht zuletzt wegen des Umfangs und der Komplexität des Beweismaterials ausserordentlich aufwändig. Die internationalen Ermittlungen konnten dank der engen Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Parma, zu der in der ersten Phase die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Mailand hinzukam, abgeschlossen werden. Dies auch dank der umfangreichen Rechtshilfe weiterer Justiz- und Polizeibehörden Italiens und weiterer Länder wie Brasilien, Luxemburg, die Vereinigten Staaten, Australien, Neuseeland und das Fürstentum Monaco.
Der Zusammenbruch des italienischen Lebensmittelkonzerns, der 2003 in Konkurs ging, verursachte ein Loch von zirka 14 Milliarden Euro, wobei auch Kleinsparer zu Schaden kamen, die ihr Geld in Parmalat-Aktien angelegt hatten. Im Lauf ihrer Ermittlungen konnte die BA in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein vom Angeklagten gewaschene Vermögenswerte blockieren – in der Schweiz zirka 10 Millionen und in Liechtenstein über 20 Millionen Schweizer Franken. Gemäss BA soll das beschlagnahmte Geld der Parmalat – und mithin den Anlegern – zurückerstattet werden; Parmalat wird zusammen mit der Bank of America N.A. als Privatklägerin im Strafprozess auftreten.
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