Kuba: Hungerstreik als Signal an Papst Franziskus

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Papst Franziskus ist seit dem 13. März 2013 der 266. Bischof von Rom (Foto: ABI)
Datum: 17. September 2015
Uhrzeit: 11:29 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Redaktion
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Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, hat der ehemalige politische Gefangene Jorge Luis García Pérez, genannt „Antúnez“, angekündigt in den Hungerstreik zu treten, um so ein Treffen von Papst Franziskus mit kubanischen Bürgerrechtlern herbeizuführen. Die Bürgerrechtler wollen dem Papst direkt über die besorgniserregende Menschenrechtslage auf Kuba berichten. Sie haben kein Vertrauen in die kubanische Führung der katholischen Kirche. Die Aussage von Kardinal Ortega, dass es auf Kuba keine politischen Gefangenen mehr gäbe, hat die Vertrauenskrise verschärft. Die IGFM, die auch mit einer Gruppe auf Kuba vertreten ist, registriert zurzeit 51 politische Gefangene des Castro-Regimes.

Alleine im vergangenen Monat wurden der IGFM 768 politisch motivierte Verhaftungen gemeldet, darunter 21 gewalttätige Übergriffe auf Bürgerrechtsaktivisten. Am vergangenen Sonntag wurden in Havanna rund 50 Mitglieder der Bürgerrechtsorganisation „Damen in Weiß“ verhaftet. Die IGFM fordert Papst Franziskus auf, sich mit Angehörigen der Demokratiebewegung zu treffen und damit ein klares Zeichen für die Menschenrechte und gegen das willkürliche Vorgehen Raúl Castros gegen unliebsame Regimekritiker zu setzen. Außerdem solle Franziskus bei einer seiner öffentlichen Messen dem 2012 unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen kubanischen Christdemokraten Oswaldo Payá gedenken, so IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin.

Der ehemalige politische Gefangene und IGFM-Ehrenmitglied Jorge Luis García Pérez „Antúnez“ kündigte gestern einen Hungerstreik an, um ein Zusammentreffen von Papst Franziskus mit der kubanischen Demokratiebewegung zu fordern und rief die kubanischen Bürgerrechtler dazu auf, sich dem Hungerstreik anzuschließen. „Wir wollen damit die Aufmerksamkeit auf die Welle an Verhaftungen und Repressionen gegen die interne Opposition in den vergangenen Wochen lenken“, so Antúnez. Die IGFM hält einen Hungerstreik mit Blick auf den Papstbesuch für unangemessen. Die Aktion zeige aber die verzweifelte Lage der kubanischen Bürgerrechtler.

Papst Franziskus soll klarstellen, dass es auf Kuba sehr wohl politische Gefangene gibt
Nach der Aussage von Kardinal Ortega am 5. Juni, dass es auf Kuba „keine politischen Gefangenen mehr gibt, sondern nur Häftlinge, die wegen gewöhnlicher Straftaten inhaftiert“ seien, ist nach Ansicht der IGFM ein deutliches Signal des Vatikans notwendig, damit Raúl Castro diese Falschaussage nicht weiterhin für seine Zwecke als Propaganda missbraucht. Kein einziger der anlässlich des Papstbesuchs begnadigten 3.522 Häftlinge war ein politischer Gefangener.

Zwischen dem 19. und dem 22. September 2015 besucht Papst Franziskus Kuba, ein Zusammentreffen mit der kubanischen Demokratiebewegung sei aber trotz zahlreicher Petitionen verschiedenster Personen und Organisationen aus der Demokratiebewegung bisher nicht geplant. Nach Information der IGFM wird der Papst aber wie auch sein Vorgänger Benedikt XVI. bei seiner Kuba-Reise im März 2012 mit Raúl und Fidel Castro zusammentreffen.

Protestantische Christen dürfen nicht vergessen werden
Lessenthin bittet Papst Franziskus als Oberhaupt der katholischen Kirche um ein Zeichen der Solidarität für unterdrückte christliche Minderheiten, insbesondere protestantische Christen, die sowohl beim Errichten von Gotteshäusern als auch bei der Gemeinde- und Sozialarbeit behindert werden. „Mutige Organisationen wie die Pastoren für den Wandel und die Alianza Christiana, die gegen diese ständige Diskriminierung ankämpfen, sollten von Papst Franziskus nicht vergessen werden“, so Lessenthin. Der Papst solle dafür eintreten, dass Christen die kubanische Gesellschaft aktiv mitgestalten können, dazu zähle unter anderem auch, dass christliche Medien und Verbände geschaffen werden dürfen, so Lessenthin weiter.

Hintergrund:

Während des Besuchs von Papst Benedikt XVI. auf Kuba vom 26. bis zum 28. März 2012 kam es zu Massenverhaftungen gegen Angehörige der kubanischen Demokratiebewegung. Besonders betroffen waren die Mitglieder der Bürgerrechtsorganisation „Damen in Weiß“, die durch Drohungen, Verhaftungen und Hausarrest systematisch davon abgehalten wurden, die Papstmessen zu besuchen und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Missstände auf Kuba zu lenken. Die IGFM befürchtet, dass die Repressionen gegen die Bürgerrechtsbewegung in diesem Jahr den Angriffen während des Besuchs von Papst Benedikt XVI. um nichts nachstehen werden. Berta Soler, Sprecherin der „Damen in Weiß“, bekräftigte dennoch, unter allen Umständen mit den „Damen in Weiß“ die für den 20. September geplante Papstmesse in Havanna besuchen zu wollen.

Kardinal Ortega: „Auf Kuba gibt es keine politischen Gefangenen“
Für die kubanische Bürgerrechtsbewegung war es ein schwerer Schlag, als Kardinal Jaime Ortega öffentlich verkündete, es gäbe auf Kuba keine politischen Gefangenen mehr. Der Kardinal hatte seit 2011 eine wichtige Vermittlerrolle zwischen der kubanischen Regierung und der Opposition sowie der internationalen Gemeinde inne. Damals trug er zu der Freilassung jener Gruppe von 75 Regimekritikern bei, die im Zuge des kubanischen Frühlings 2003 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Vor über einem Jahr übergab er dem US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama ein Schreiben des kubanischen Präsidenten Raúl Castro und spielte damit eine wichtige Rolle für die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Kuba und den USA.

Umso größer war die Enttäuschung der Kubaner über die gegenüber einem spanischen Radiosender getätigte, offensichtliche Falschaussage des Kardinals, dass es auf Kuba keine politischen Gefangenen mehr gäbe. Damit spielte er die Repressionen der kubanischen Regierung gegen Regimekritiker herunter, so die IGFM.

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  1. 1
    annaconda

    Schade eigentlich hat der Papst ja nicht schlecht begonnen.Aber mehr und mehr glaube ich,dass er auf einem Auge blind ist.Grosses Verständniss und Toleranz gegenüber den Tätern und Ignorieren der Opfer.

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