Lateinamerika: Beispiellose Krise der Fluggesellschaften in Brasilien

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Gol Linhas Aéreas ist eine brasilianische Billigfluggesellschaft mit Sitz in São Paulo (Foto: agência latinapress)
Datum: 06. November 2015
Uhrzeit: 14:44 Uhr
Leserecho: 2 Kommentare
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Brasilien vollführt derzeit einen wirtschaftlichen Balance-Akt – mit offenem Ausgang. Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seit einem Vierteljahrhundert. Präsidentin Dima Rousseff wird als lahme Ente bezeichnet, die ihr Land nicht fit für die Gegenwart der globalisierten Welt gemacht hat. Nachdem die Automobilproduktion, die Stahlindustrie und die Baubranche besonders von der schrumpfenden Wirtschaftsleistung betroffen sind, zeichnet nun auch der brasilianische Luftfahrtverband „Associação Brasileira das Empresas Aéreas“ (Abear) ein düsteres Bild. Während der Nettogewinn der kommerziellen Airlines weltweit im Jahr 2015 bei etwa 25 Milliarden US-Dollar liegen dürfte, werden die brasilianischen Fluggesellschaften das laufende Jahr mit einem Cash-Defizit von rund sieben Milliarden Reais (1 US-Dollar = 3,79 Reais) beenden. Peter Cerda, Vize-Präsident für Lateinamerika beim Dachverband der Fluggesellschaften „International Air Transport Association“ spricht von einem entgegengesetzten Szenario und weist darauf hin, dass die brasilianischen Unternehmen neben der Krise immer mehr unter der „Nichtwettbewerbsfähigkeit“ des Landes leiden.

Nach seinen Worten ist der Kraftstoff in Brasilien einer der teuersten in der Welt. Der Verfall der Landeswährung hat zu einem Schock geführt, 60% der Ausgaben (Brennstoff und Flugzeugleasing) werden mit dem hohen US-Dollar getätigt. Um überhaupt noch profitabel zu sein, müssten die Airlines eigentlich ihre Ticket-Preise erhöhen. Laut der US-Investmentbank „Morgan Stanley“ sind die Preise für den geflogenen Kilometer bei der Fluggesellschaft „Gol Transportes Aéreos“ im dritten Quartal dieses Jahres jedoch um 3% gefallen.

Die Fluggesellschaften befinden sich in einem Dilemma. Aufgrund der Krise reisen Firmenkunden, Beamte der Regierung und Top-Manager von Öl-, Gas und Bergbau-Unternehmen immer weniger mit dem Flugzeug. Um eine Auslastung ihrer Sitzplatzkapazitäten zu erreichen, versuchen die Fluggesellschaften diese Passagiere durch Touristen zu ersetzen – mit Preisen unter den Kosten des Sitzes. „Die brasilianische Luftfahrt schreibt rote Zahlen und wird schrumpfen. Dies ist notwendig, um den Betrieb einigermaßen am Laufen zu halten“, so Eduardo Sanovicz, Präsident der Abear.

Brasilien ist das einzige lateinamerikanische Land, das im Jahr 2015 einen Rückgang beim Angebot für kommerzielle Flüge verzeichnen wird und für etwa ein Drittel des Flugverkehrs in Lateinamerika verantwortlich ist. Die Gesamtregion geht von einem Wachstum bis zum Jahresende von 5 % aus. Die größte Zunahme wird für Mexiko (13%) erwartet, gefolgt von Kolumbien (12%) und Chile (11%).

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Herbert Merkelbach

    Dilma alleine die Schuld zuzuweisen wäre ihr nicht gerecht. Der ganze Schlamassel fing doch schon zu Lulas Regierungszeiten an.

  2. 2
    Peter

    Aha man leidet also unter der der Nichtwettbewerbsfähigkeit des Landes, vielleicht sollte man dann mal darüber nachdenken die eigene zu erhöhen.
    Man kann hinschauen wo man will, überall wird geschludert und jeder meint es ist doch so ok.
    Bei der Bank, 6 Automaten, 2 funktionieren, bei einem kann man einzahlen beim anderen abheben, also 2 mal Schlange stehen. Das ist die brasilianische Normalität. Die Mitarbeiter der Bank intessiert das alles nicht, haben ja gerade erst gestreikt und bekommen mehr Geld, wofür? Für ihre schlampige gammlige Arbeit?

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