Am 5. November ist im brasilianischen Minas Gerais der Damm eines Abwasser-Rückhaltebeckens aus der Eisenerzgewinnung gebrochen. Jetzt hat der dadurch ausgelöste Schlammteppich im Meer den hunderte Kilometer entfernten Nationalpark „Marinho dos Abrolhos“ erreicht. Noch wird das Ergebnis von Wasserproben abgewartet, um mit Sicherheit sagen zu können, ob es sich bei dem bei einem Überflug der Region entdeckten Fleck im Meer vor dem Nationalpark um Schlamm aus dem Dammbruch des Unternehmens Samarco handelt. Techniker sind sich allerdings „praktisch sicher“, dass dem so ist, wie die Präsidentin der Umweltbehörde Ibama, Marilene Ramos, erklärt.
Abrolhos ist eins der wichtigsten Meeres-Schutzgebiete Brasiliens. Befürchtet wird, dass der Schlammteppich enorme Folgen für das Korallenriff haben könnte. Da durch ihn die Sonneneinstrahlung abgeschirmt wird, könnte die Produktivität der Korallen und des Phytoplankton beeinträchtigt werden.
Bei dem Dammbruch haben sich 55 Millionen Tonnen Schlamm über ein Tal und über den 600 Kilometer langen Rio Doce ins Meer ergossen. Dort ist der Teppich mit seiner dichten Schlammfracht mittlerweile auf 392 Quadratkilometer angewachsen. Von der Flussmündung aus erstreckt er sich 30 Kilometer nach Süden und 40 Kilometer nach Norden.
Neben dem Teppich hat sich ebenso ein Fleck mit einer geringeren Dichte an Sedimenten gebildet. Dessen Größe hat sich in den vergangenen Tagen von 4.470 auf 6.197 Quadratkilometer erhöht und den Süden des Bundesstaates Bahia erreicht. Neben dem marinen Naturschutzgebiet Abrolhos sind von ihm dort inzwischen auch die paradiesischen Strände von Trancoso und Porto Seguro betroffen.
Den Abrolhos Archipel kenne ich als aktiver Tauchsportler recht gut. Für Wale ist der riesige Flachwasser Schelf ein wichtiges Rückzugsgebiet für Geburt und Aufzucht ihrer Jungen. Die Korallenriffe allerdings sind, wenn man andere tropische Gewässer kennt, eher von trauriger Qualität. Halt etwas weniger den gewaltigen Schlammmassen der braslianischen Küstenflüsse ausgesetzt als der Rest der Küste. Aber relativ trüb – maximal 15m Sicht reissen einem nicht gerade vom Hocker – und mit wenig Vielfalt an Fauna gesegnet. Wenn der nun angekommene „Katastrophen-Schlamm“ tatsächlich nicht toxisch sein sollte, dürfte das für die Zone nicht sehr viel schlimmer sein, als die übliche extrem starke Belastung durch Schlamm, von der von allen brasilianischen Küsten lediglich Fernando do Coronha verschont bleibt, da ca. 1000km vom Festland entfernt. Sollte der Schlamm aber doch giftig sein, dann blutet mir das Herz bei dem Gedanken an die Milliarden zauberhafter Geschöpfe, die zugrunde gehen werden.