Es ist halb sieben morgens am anderen Ende der Welt. Heidrun hat schon das Maracuya-Eis angesetzt, die Mora-Marmelade blubbert sanft vor sich hin und Pawel wässert die Bananen. Bis sie ihr kleines Café ‚El Arca’ öffnen, bleibt noch ein bisschen Zeit für den Kontakt mit dem Rest der Welt. Heidrun schreibt an eine Freundin: „Wir sind so richtig schön angekommen. Wahnsinn! Am 6. Januar ist es ein Jahr her und was wir in dem einen Jahr gestemmt haben, ist ja kaum zu glauben. Wir haben das Haus gebaut, und das Land ringsherum verwandelt sich langsam in einen wunderschönen Obstgarten. Für das Bio-Klärwerk, das Pawel installiert hat, ist die Lizenz beantragt, es soll alles amtlich bestätigt sein. Damit wäre es ein Vorzeigeprojekt, jeder kann das ohne hohe Kosten nachbauen und die Abwässer werden nicht mehr in den Fluss abgeleitet.“
Heidrun und Pawel sind Naturmenschen mit einer großen Liebe zu Tieren und Pflanzen. Im Team verfügen sie über alles, was man zum Leben, Überleben, Risiko und Abenteuer braucht: Pawel ist Planer, Baumeister, Handwerker und Gärtner; Heidrun Köchin, Bäckerin und für die seelische Balance zuständig. Die temperamentvolle, vielseitig begabte Frau weiß Bescheid über viele Dinge, die dem Menschen gut tun und ist überzeugt, dass es noch jede Menge zwischen Himmel und Erde gibt, die sich Wissenschaft und Verstand entziehen. Die Vorsehung beispielsweise, oder das Schicksal… das sie nach Minca geführt hat…
Es begann alles mit dem großen Traum von der Weltreise. Den erfüllten sie sich Anfang 2012. Von Malaysia über Australien und Neuseeland nach Kanada und den Norden der USA. Nicht in 80 Tagen um die Welt, sondern work and travel. Sie verweilten, wo es ihnen gefiel, hüteten Häuser und halfen Farmern bei der Arbeit. Und heirateten. Als die geplanten 18 Monate vorbei waren, entschieden sie sich, noch ein halbes Jahre dranzuhängen. „Eigentlich wollten wir nach Honduras, spürten aber irgendwie, dass das Schicksal etwas anderes mit uns vor hatte. “Also kauften sie ein Ticket nach Kolumbien und reisten schließlich von der Karibikküste hinauf in die Sierra Nevada – magisch angezogen von Minca, einem Ort nur 14 km von der heißen Betriebsamkeit und kolonialen Schönheit Santa Martas entfernt, auf 600 Meter Höhe, umgeben von spektakulärer Natur in einem angenehmen Klima. „Wir wussten sofort, dass wir das Paradies gefunden hatten. “Heidrun und Pawel reisten noch nach Bolivien, Peru und Ecuador, kamen nach drei Monaten zurück und kauften das Stück Land, das heute „El Arca“ – „Die Arche“ heißt. Wieder zu Hause in Berlin, begannen sie sich von ihrem alten Leben zu trennen, verkauften und verschenkten und verabschiedeten sich von Familie und Freunden.
„Das Leben hier ist schon sehr anders, viel näher an der Natur, und trotz der vielen Arbeit, die wir haben, sehr entspannt. Das erste halbe Jahr waren wir ja ununterbrochen mit dem Hausbau beschäftigt, aber im September haben wir mit einem kleinen Straßenverkauf direkt vor unserer Tür angefangen, zusammen mit Love und Elicier, einem einheimischen Paar. Sie liefern Kaffee und Kakao aus biologischem Anbau, und ich stelle Marmelade her, backe Kekse und Brownies. Schon einen Monat später reichte das Straßenverkaufs-Tischchen nicht mehr aus, und wir haben es durch einen kleines Häuschen ersetzt, ein paar Tische und Stühle dazu gestellt, und nun haben wir unser El Arca Café.“ Seitdem ist auch die Verkaufspalette immer umfangreicher geworden, es gibt Eiscremes aus Joghurt, exotische Liköre wie Maracuya Sahne oder Mandel-Sahne-Whiskey, auch Balsamico von Mangos und Trauben. Elicier ist unschlagbar im Rösten von Kakao-Bohnen und bei der Herstellung von Schokolade und Pralinen, der chocolatinas. Sehr empfehlenswert sein sensationelles Allheilmittel aus 12 Kräutern der Sierra Nevada, genannt ‚Contra’.
Love und Elicier werden auch bald auf dem Grundstück ihrer Freunde wohnen, Pawel hat extra ein Häuschen für sie gebaut, damit sie nicht immer von Minca aus den Berg hinauf müssen – und weil es sich da oben ja auch viel besser wohnt, mit Vogelgezwitscher anstelle lauter Musik. „Das Geschäft hält uns ganz schön auf Trapp, vor allem jetzt in der Saison (in der Nebensaison öffnen wir das Café nur am Wochenende). Ja, und ansonsten wird unser Leben von den jeweiligen Ernten bestimmt; während der Mango-Zeit sind wir an die sechs Wochen nur mit der Verarbeitung von Mangos beschäftigt. Letztes Jahr hatten wir an einem Baum 5000 Früchte!“ Was noch fehlt, sind die Tiere auf der Arche. Bisher wird sie nur von drei reizenden Katzen bevölkert, aber bald soll es auch Gänsejunge und kleine Pfauen geben, und im Sommer kommen Bienenvölker. „Mindestens einmal pro Woche rette ich einen Kolibri, der sich beim Versuch, durchs Fenster zu fliegen, im Moskitonetz verfängt, und bevor es die Katzen bemerken, hebe ich sie auf, und wenn sie sich in meiner Hand von ihrem Schrecken erholt haben, fliegen sie wieder fröhlich davon.“
Heidrun und Pawel scheinen angekommen in ihrem Paradies, haben einen netten Freundeskreis, bekommen Besuch aus Deutschland und Polen, vermieten zwei hübsche Gästezimmer mitten in ihrem Paradies und in ihrem Café sitzen Globetrotter aus der ganzen Welt.
Tja, freut mich für die Beiden, wirklich, allerdings lese ich mit einem weinenden Auge, denn Venezuela war auch mal so ein Paradies……war.
Sehr schade drum…..
Beneidenswert, ja! Man muss aber für diese Art von Leben auch geschaffen sein. Ich bin es leider nicht. Zu sehr hat mich die HighTech im Griff, Herausforderung, Fluch und Segen gleichzeitig. Ihrer Faszination werde ich mich wohl niemals entziehen können. Und zumindest so lange sie mein Broterwerb ist und sein muss, werden Paradise dieser Art für mich nur besuchsweise offen stehen. Und in Venezuela ist selbst das schwierig bis unmöglich geworden.
Naja, muss ja auch nicht gerade ein so krasser Trip zurück werden. Dank LTE ist Zugang zur HighTech Welt ja heute fast überall möglich….klar, in Vzla siehts mit schnellem Internet eher nicht gut aus, aber auf vielen Inseln in der Region ist die Anbindung einwandfrei. Über Kolumbien weiss ich da leider nix……
Schon richtig. Nur können digitale Kontakte die realen auf Dauer nicht vollständig ersetzen. Qualifizierte Mitarbeiter z.B. finde ich in gesamt Lateinamerika bestenfalls in der Region São Paolo. Nicht gerade ein Paradis. Und bei Aufenthalten in Deutschland merke ich immer deutlicher, dass einige meiner Bedürfnisse in Venezuela einfach nicht befriedigt werden können, z.B. auf Messen, an Hochschulen oder in Firmen mit Menschen über fachliche Themen zu reden, die es niemals bis ins Reich der Latinos geschafft haben und dort nur verständnisloses Stirnrunzeln hervorrufen würden. Dann fühle ich mich wie ein Schmetterling im Frühling und merke, dass ich nicht der einzige Vertreter meiner Spezi bin, auf diesem Planeten.
es wird auch hier wieder lebenswerd werden,es geht leider nicht so schnell,erst muessen die roten Banditen weg
Dann sollen sie sich mal beeilen,solange lebe ich auch nicht mehr ( 70)
Lieber Freund Bettler, die Zukunft unserer Generation ist heute. Auf bessere Zeiten warten können wir uns nicht mehr leisten. Da müssen wir schon selber für uns sorgen, so gut wir eben können.