Krise in Brasilien: Gruppe von Senatoren befürwortet Neuwahlen

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Volk soll selbst über das Schicksal der Nation entscheiden (Foto: AgenciaBrasil)
Datum: 19. April 2016
Uhrzeit: 03:09 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Redaktion
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Brasiliens Parlament hat einem Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Rousseff am Sonntagabend (17.) Ortszeit zugestimmt. Das Impeachment ist die politische Todesstrafe für das Staatsoberhaupt der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Für die korrupte Politik-Elite ist diese Lektion allerdings nicht ausreichend, die unter den „wachsamen“ Augen der Regierungspartei seit dem Jahr 2003 ungestört wuchernde Filz- und Vetternwirtschaft gehört an den Wurzeln bekämpft. Das altbekannte Modell Lula da Silva hat ausgedient und wird seinen Platz in der Geschichte finden. Das Land braucht eine General-Runderneuerung, neue und frische Politiker und dringend ein neues Geschäftsmodell. Ein Übergangspräsident wird das Polit-Chaos nicht beenden, dies hat auch eine Gruppe von Senatoren erkannt.

Laut brasilianischer Verfassung muss nach der Abstimmung im Parlament der Senat dem geplanten Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin zustimmen. In der zweiten Kammer des brasilianischen Kongresses wurde deshalb bereits eine Untersuchungskommission eingerichtet, die die Anschuldigungen gegen Rousseff in den nächsten 36 Stunden prüfen wird. Stimmen wie in sämtlichen Umfragen erwartet 41 der 81 Senatoren für ein Impeachment, wird Rousseff für maximal 180 Tage aus ihrem Amt entfernt und der 73-jährige Vize-Präsident Michel Temer zieht in den Regierungspalast „Palácio do Planalto“. Eine Gruppe von sechs Senatoren hat am Montag (18.) einen Vorschlag für Neu-Wahlen präsentiert und bezeichnet dies als einzige Lösung für die derzeitige politische Krise.

„Wir wollen, unabhängig von der Entscheidung des Senats, dass das brasilianische Volk selbst über das Schicksal der Nation entscheidet“, argumentiert Senator Walter Pinheiro (keine Partei-BA). Die Senatoren machen in der Begründung ihrer Empfehlung deutlich, dass der Vorschlag zur Amtsenthebung den laufenden Prozess nicht stören und lediglich eine Alternative ist. Die Ausrufung von Neu-Wahlen erfordert eine Änderung der Verfassung und braucht die Unterstützung von 27 weiteren Senatoren.

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Kommentarbereich

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    Franz Wiederkehr

    Einmal mehr ein Artikel in latinapress, der sich wohltuend vom in der deutschsprachigen Presse sonst über Brasilien verbreiteten unpräzisen und tendenziösen Unsinn abhebt. Allerdings wirkt eine falsche Satzstellung im zweitletzten Satz sinnentstellend; es sollte natürlich heissen: „Die Senatoren machen in der Begründung ihrer Empfehlung deutlich, dass der Vorschlag den laufenden Prozess zur Amtsenthebung nicht stören soll und lediglich eine Alternative ist.“

    Auch wenn der Vorschlag der 6 Senatoren sehr einleuchtend tönt, da bei einer reinen Amtsenthebung von Dilma die gleichen korrupten Politiker – einfach mit geänderten Machtverhältnissen – die Politik bestimmen, gibt es auch ein paar Gründe, die dagegen sprechen:
    – Wenn man bedenkt, dass die Amtszeit eines als Präsidenten nachrückenden Temers ohnehin Ende 2018 enden würde und dass die Vorbereitung von Wahlen wohl ein Jahr dauern würde, ist damit nicht viel Zeit gewonnen.
    – Im Moment stehen die brasilianischen Politiker unter dem Generalverdacht der Korruption. Sollen Neuwahlen daran wirklich etwas ändern, so müssen zuerst die Untersuchungen zu „petrolão“ und „mensalão“ abgeschlossen werden, und dies ist erst n a c h der Amtsenthebung von Dilma möglich und wird sicher seine Zeit dauern.
    – Brasilien braucht inmitten der herrschenden Wirtschaftskrise dringend eine wieder handlungsfähige Regierung. Bei der Ansetzung von Neuwahlen (die ja erst nach Abschluss des Amtsenthebungsverfahrens erfolgen könnte), wäre dies aber erst nach erfolgter Wahl, d.h. also vermutlich Ende 2017, wieder gegeben.

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