Die Bevölkerungsmehrheit Brasiliens hat afrikanische oder indigene Wurzeln. Hartnäckig hält sich im Ausland die Mär, dass das grösste Land Lateinamerikas ein gutes Beispiel für eine multikulturell funktionierende Demokratie ist. Nach wie vor sind Dunkelhäutige allerdings vielen Benachteiligungen ausgesetzt, staatliche Anti-Rassismus-Kampagnen lassen zu wünschen übrig. Es gibt eine sehr subtile, fast ideologische Abstufung, die fast immer verhindert, dass jemand mit dunklerer Hautfarbe gesellschaftlich aufsteigen kann. Bei vielen Kundgebungen, darunter am Unabhängigkeitstag, sprechen die nationalen Schwarzenorganisationen von institutionalisiertem Rassismus, der mit dem alternativen Nobelpreis geehrte Francisco Whitaker nennt Brasilien ein Land der Apartheid. Am Donnerstag (28.) wurde in Rio de Janeiro der Öffentlichkeit die Gründung der Partei „Frente Favela Brasil“ (Vorderseite/Front der Favela) angekündigt. Diese soll der schwarzen Bevölkerung des Landes und den Bewohnern von Slums/Armenvierteln Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit geben.
„52% der Bevölkerung Brasiliens sind schwarz. Wir haben 15 Millionen Slumbewohner, diese Menge entspricht der Bevölkerung von Bolivien. In den Favelas wird ein BIP (Bruttoinlandsprodukt) von der Größe der paraguayischen Wirtschaft erzielt und trotzdem haben wir nicht die angemessene Aufmerksamkeit der Behörden“, so Anderson Quack, Koordinator der „Frente Favela Brasil“ im Distrito Federal. Die Ankündigung am Donnerstag war der erste Schritt, um die Partei zu formalisieren. Die Dokumentation wird in den nächsten Tagen beim Obersten Wahlgericht (TSE) eingereicht, das Sammeln von Unterschriften zur Unterstützung wird voraussichtlich am 20. November dieses Jahres beginnen. An diesem Tag wird in Brasilien der „Dia da Consciência Negra“, eine Veranstaltung zum Tag des schwarzen Bewusstseins, gefeiert. Benötigt werden insgesamt 510.000 Unterschriften, die Bewegung erhofft sich über vier Millionen in 27 Bundesstaaten.
Einer der Grundsätze der neuen Partei ist freiwilliges Engagement, das auch die in ihre Ämter gewählten Personen betrifft. „Die Partei ist nicht für Menschen gemacht, die eine Karriere in der Politik anstreben – aber für Menschen, die ein echtes Engagement für die Gemeinschaft haben“, erklärt Celso Athayde. Er ist einer der Hauptunterstützer der Initiative und Gründer der Nichtregierungsorganisation „Central Única das Favelas“ (Cufa. Die neue Partei soll auch eine Chance für Frauen in der Politik sein. Derzeit besetzen besetzen weniger als 20 Prozent schwarzen Frauen eine staatliche Position.
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