Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist mit einer Initiative für mehr Engagement gegen die zunehmende Einschränkung der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGO) gescheitert. Einen entsprechenden Antrag (18/7908) lehnten die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD am Mittwochnachmittag im Menschenrechtsausschuss ab, die Fraktion Die Linke enthielt sich. Alle drei Staatsgewalten sowie die Medien würden in vielen Ländern systematisch zur Einschränkung des öffentlichen Raumes für die Zivilgesellschaft benutzt, im legislativen Bereich etwa durch Anti-Terror-, Medien-, Steuer- und Strafgesetze, argumentieren die Grünen im Antrag. „Explizite NGO-Gesetze wurden allein in den letzten drei Jahren in über 60 Staaten verabschiedet“, heißt es im Antrag weiter. Insbesondere zwei Hauptdruckmittel fänden dabei Anwendung: die Pflicht zur Registrierung als „ausländischer Agent“ und die Beschränkung der Nutzung ausländischer Finanzmittel, welche als ausländische Einmischung in staatliche Souveränität diffamiert würden.
Die Bundesregierung sei aufgefordert, solch zunehmende Einschränkungen in ihrer Außen-, Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik stärker zu berücksichtigen. So solle sie den Dialog mit zivilgesellschaftlichen Kräften grundsätzlich stärken und diese gezielt fördern, „um ihre Bedeutung für eine lebendige Demokratie deutlich zu machen“. Mehr Aufmerksamkeit soll zudem auf dem Umgang mit Menschenrechtsverteidigern in bilateralen Beziehungen zu anderen Ländern liegen.
Ein Vertreter der Grünen verwies im Ausschuss darauf, dass Einschränkungen des Handlungsspielraums der Zivilgesellschaft keineswegs nur Praxis von autoritären oder diktatorischen Regimen seien, sondern mittlerweile auch demokratischer Staaten. Ein Vertreter der SPD-Fraktion sprach vom Eindruck einer Schule, in der der eine bei dem andere abschreibe – dies betreffe linke Regime genauso wie rechte. Zunehmend seien nicht mehr nur NGOs in solchen Ländern unter Druck, sondern selbst internationale Organisationen wie der Europarat und die Vereinten Nationen. Die Unionsfraktion signalisierte Zustimmung in vielen Forderungen des Grünen-Antrags, verwies jedoch auf einen im Kern vergleichbaren Beschluss des Bundestags zu einem Koalitionsantrag, der die Bundesregierung in die Pflicht nehme, sich mehr für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern einzusetzen (18/6880). Auch eine Vertreterin der Fraktion Die Linke kritisierte die „nur positive Rolle“, die den NGOs zugeschrieben werde. Es habe durchaus Beispiele gegeben – etwa in Südamerika – in denen solche Organisationen als Vehikel für die Einmischung in innere Angelegenheiten eines Staates gedient hätten.
Der Deutsche Bundestag hatte unter anderem festgestellt, dass in immer mehr Staaten zivilgesellschaftliche Spielräume systematisch eingeschränkt werden -und damit auch die Handlungsmöglichkeiten von Menschenrechtsverteidigern. Demnach werden in Russland Organisationen, die vom Ausland finanzielle Mittel erhalten, als „ausländische Agenten“ registriert. Auf Kuba werden Menschenrechtsverteidiger durch den Überwachungsapparat der Staatssicherheit massiv verfolgt. Sie sind Gewalt und Repressalien ausgesetzt und wurden zum Teil sogar ausgebürgert.
Zielscheibe autoritärer Regime sind gegenwärtig häufig kritische Journalisten und Online-Aktivisten. Laut „Reporter ohne Grenzen“ wurden allein im Jahr 2015 47 Journalisten getötet; 146 sind in Haft, ebenso 171 Online-Aktivisten und Bürgerjournalisten. Viele von ihnen sind Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, so beispielsweise in Ägypten, Aserbaidschan, Äthiopien, Belarus, China, Eritrea, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, in der Türkei und in Venezuela.
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