Kolumbien: Präsident Santos besucht „Dörfer der Versöhnung“

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Stiftungsvorstand Marcus Witzke (rechts) legte bei einem Arbeitseinsatz in Santa Ana selbst Hand an (Foto: privat)
Datum: 05. April 2017
Uhrzeit: 19:35 Uhr
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Autor: Redaktion
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Hoher Besuch hat sich für Samstag, 8. April, in Santa Ana angekündigt: Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos kommt und wird sich das Projekt „Dörfer der Versöhnung“ ansehen, das dort Prison Fellowship Kolumbien und die Hoffnungsträger Stiftung aus Leonberg bei Stuttgart in Kooperation realisieren. Ziel ist die Aussöhnung zwischen Opfern und Tätern des Bürgerkrieges und damit eine Stärkung des Friedens in Kolumbien.

In den „Dörfern der Versöhnung“ leben Zivilisten mit ehemaligen Guerilleros und Paramilitärs in unmittelbarer Nachbarschaft zusammen. Gemeinsam bauen sie im Krieg zerstörte Infrastruktur wieder auf. Dazu zählen unter anderem Brücken, Schulen, Versammlungsstätten oder Sportplätze. Darüber hinaus nehmen die Beteiligten an Gesprächsrunden teil, damit es auf zwischenmenschlicher Ebene zu einem Vergebungs- und Versöhnungsprozess kommt.

Santa Ana ist ein Dorf, das zum Gemeindebezirk von Granada in der Provinz Antioquia gehört. Die FARC-Guerilla hatte es wegen der strategisch günstigen Lage zeitweise als Stützpunkt in der Region benutzt. Von dort aus führten sie immer wieder Angriffe aus. Einmal gelang es den Guerilleros sogar, einen Kampfhubschrauber der Armee abzuschießen. Das kolumbianische Militär startete ihrerseits Operationen gegen die FARC in Santa Ana. Bei den Aktionen gab es im Laufe der Jahre hunderte Tote und Verletzte zu beklagen. Viele Straßen und Gebäude wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen oder gar völlig zerstört.

Am meisten zu leiden hatte jedoch die Zivilbevölkerung. Maria beispielsweise hat drei ihrer Kinder im Bürgerkrieg verloren. Ein Sohn wird noch vermisst. Lediglich eine Tochter ist ihr geblieben. Dennoch möchte sie die bittere Vergangenheit hinter sich lassen. „Es ist der einzige Weg zu einer guten und friedvollen Zukunft“, sagt sie. Maria kocht regelmäßig für die Mitarbeiter des Projekts.

Den Weg zurück ins bürgerliche Leben ist für ehemalige Kämpfer der FARC in Santa Ana nicht leicht. Das zeigt sich am Beispiel von Alex. Bei ihm hat das nichts mit Feindseligkeiten seitens der Bewohner zu tun, als vielmehr mit Versuchen krimineller Banden, ihn für ihre Zwecke einzuspannen. Weil er sich öffentlich zu seiner Abkehr von der FARC bekennt, ist er vielen ein Dorn im Auge, die der Organisation nach wie vor angehören oder mit ihr sympathisieren. „Ich hatte schon Besuch von Leuten, die mich mit vorgehaltener Waffe bedroht haben“, erzählt er. Einschüchtern und den Mund verbieten lassen will er sich dadurch jedoch nicht. Das Projekt „Dörfer der Versöhnung“ sieht er als einen wichtigen Mosaikstein bei den Bemühungen für einen dauerhaften Frieden.

Wiedergutmachung zu leisten, ist der Wunsch eines ehemaligen regionalen FARC-Kommandanten. Er stellt sich mit seinem ehemaligen Decknamen „Plotter“ vor. Der Mann hat sich bereits vor längerer Zeit ins Privatleben zurückgezogen. Er besitzt eine Farm und will durch soziale Aktivitäten einen Ausgleich für das schaffen, was die FARC in der Gegend angerichtet hat. „Ich habe mich nach meinem Ingenieursstudium freiwillig und voller sozialistischer Ideale der FARC angeschlossen. Sie hat sich im Laufe der Jahre aber immer weiter von ihrem ursprünglichen Kampf für die Landlosen entfernt. Am Ende war es nur noch ein mehr oder minder krimineller Haufen“, sagt „Plotter“. Er entfernte sich von der Guerilla und schaffte die Rückkehr in ein normales Leben.

Marcus Witzke, Vorstand der Hoffnungsträger, war im März in Santa Ana und hat mit Maria, Alex und „Plotter“ gesprochen. „Es waren bewegende Begegnungen. Sie haben einmal mehr bestätigt, dass die Versöhnungsdörfer dazu beitragen, die Wunden zu heilen, die der Bürgerkrieg in Kolumbien aufgerissen hat“, betont er. Aus diesem Grund werden die Hoffnungsträger ihr Engagement fortsetzen und nach Möglichkeit sogar intensivieren. Fünf Projekte im Rahmen der „Dörfer der Versöhnung“ sind bereits realisiert oder projektiert. Dafür hat die Stiftung allein in den vergangenen zwei Jahren rund 200.000 Euro investiert. Vom Besuch von Präsident Santos erhoffen sich die Hoffnungsträger weitere landesweite Impulse für das Projekt.

Über die Hoffnungsträger Stiftung

Die Hoffnungsträger Stiftung steht Menschen zur Seite, die auf der Suche nach Schutz und einem würdevollen Leben sind. Die Stiftung setzt sich für die Integration von Geflüchteten in Deutschland ein und vermittelt weltweit Kindern, deren Väter oder Mütter im Gefängnis sitzen, eine Patenschaft. Darüber hinaus fördert sie ausgewählte Projekte im sozialen Bereich im In- und Ausland.

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