Leserkommentar: „Deutsche Kommunistische Partei – Was passiert in Venezuela“

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Im südamerikanischen Land Venezuela droht die vom Chavismus verursachte chronische Krise in einen Bürgerkrieg umzuschlagen (Foto: Twitter)
Datum: 30. Juni 2017
Uhrzeit: 10:47 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 13 Kommentare
Autor: Aljoscha_Hennig (Leser)
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Menschen oder Parteien, die nicht mal in der Lage sind Recherchen zu betätigen, und sich blind hinter einem Präsidenten stellen, nur weil er dieselbe politische Richtung hat, verlieren in meinen Augen jede Glaubwürdigkeit und missachten den Tod von mittlerweile über 75 Menschen, die 2017 im Kampf für Ihre Rechte!, für Demokratie und für eine bessere Zukunft gestorben sind.

Mit den Errungenschaften der sogenannten bolivarianischen Revolution hat das venezolanische Volk heute ganz akut zu kämpfen:

Hungersnot und allgemeine Knappheit:

Aufgrund der Lebensmittelknappheit stehen Menschen täglich viele Stunden in Schlangen vor den Supermärkten an, um eventuell, wenn dann noch was vorrätig sein sollte, eine Packung Grundnahrungsmittel (z.B. Maismehl) zu ergattern. Viele Produkte sind nur noch Armeeangehörigen zugänglich. Der Schwarzhandel blüht, oft kommt es sogar schon zu Plünderungen. Doch nicht nur Nahrung und Waren des täglichen Lebens sind knapp, auch Wasser und Strom werden stark reglementiert. Die Bevölkerung bunkert inzwischen Trinkwasser. Immer wieder müssen sie im Dunkeln sitzen, weil die Elektrizität abgeschaltet wird. Grund dafür ist der niedrige Wasserstand eines Stausees, der bisher 60 Prozent der landesweiten Energie produzierte. Kritiker sagen, die Dürre durch das Wetterphänomen El Niño sei vorhersehbar gewesen – die Regierung habe es schlicht versäumt vorzusorgen. Stattdessen kann sie jetzt nur noch den Notstand verwalten, somit werden Strom und Trinkwasser rationiert.

Kollabierendes Gesundheitssystem:

In Venezuela sterben Menschen an Diabetes aufgrund von Medikamentenknappheit.
Infektionen können nicht behandelt werden, infolgedessen werden Gliedmaßen amputiert, nur weil es keine Antibiotika gibt. Nicht zu reden von Patienten die eine Chemotherapie brauchen. Der Pharmaverband des Landes schätzt, dass 85 % der Arzneimittel nicht zu haben sind. Die Kindersterblichkeit ist um 30,12 % und die Müttersterblichkeit um 65,78 % gestiegen. Das geht aus einem Bericht über die Gesundheitslage im Land hervor, den das Gesundheitsministerium erstmals seit über zwei Jahren veröffentlicht hat. Nach der Bekanntgabe der erschreckenden Zahlen, viel dem Präsidenten nichts besseres ein als die Gesundheitsministerin zu entlassen um alles tot zu schweigen!

Benzin Knappheit im Land mit den weltweit größten Reserven an Öl:

Die Regierung hat es geschafft den eigenen staatlichen Ölkonzern PDVSA zu runinieren, sowie auch die 2009 von Hugo Chavez besetzten und enteigneten Zulieferern, indem nicht in die Aufrechterhaltung und Modernisierung der Raffinerien investiert wurde, stattdessen müssen nun große Mengen Benzin importiert werden. Allein bis zu 10 Mio. $ werden jährlich für Benzin Importe und Subventionierung ausgegeben, weil mehr Benzin verbraucht wird, als in den Raffinerien produziert wird. Nur 90 von 290 Tankstellen in Caracas hatten in den vergangenen Tagen Benzin.

Kriminalität:

Venezuela gilt als eines der gefährlichsten Länder der Welt. Nach Angaben der unabhängigen Beobachtungsstelle für Gewalt (OVV) wurden dort im vergangenen Jahr mehr als 24.000 Menschen getötet. Caracas weißt die höchste Mordrate außerhalb von Kriegsgebieten auf. Die Regierung gibt eine niedrigere Mordrate an. Doch selbst nach ihren Daten liegt Venezuela noch vor Mexiko, Kolumbien und Brasilien.

Korruption:

Ohne Schmiergeld funktioniert nichts. Die Polizei, das Militär und die Politiker. Alle korrupt!

Inflation:

2017 erreicht die Inflationsrate 800 %. Im Vergleich liegt Deutschland bei ca. 2%.

Etc, etc…

ich erspare Ihnen hier die weitere ausführliche Erklärung über das brutale Vorgehen von Polizei und Nationalgarde, auch gegen ältere Demonstranten, Frauen und sogar dem Grünen Kreuz die Demonstranten verarzten. Die Festnahme und das verschwinden von Demonstranten. Die Motorradbanden von Maduro. Maduros deals mit Goldman Sachs. Die Inhaftierung von Journalisten und auch vom Oppositionsführer Leopoldo López, der vor 3 Jahren zu Protesten aufgerufen hatte und dafür von einem Gericht in Caracas wegen Anstachelung zur Gewalt und Verschwörung zu fast 14 Jahren Haft verurteilt wurde, das Urteil wurde international als rein politisch motiviert kritisiert. Lopez war nämlich wichtigster Gegenspieler Maduros und gilt im Falle einer Freilassung als ein Favorit auf das Präsidentenamt….

Wer hinter solcher „Errungenschaften“ steht und sogar verlangt diese zu bewahren und zu entwickeln, dann fehlen mir die Worte!

Seit die Opposition sich bei den Wahlen Ende 2015 die Mehrheit im Parlament sicherte, regiert Präsident Maduro vor allem mit Notstandsdekreten am Parlament vorbei. Mit ihrer Mehrheit hätte die Opposition das Land umgestalten können, bitter nötige Reformen gegen die schwere Wirtschaftskrise einleiten können. Aber mit Hilfe höriger Institutionen konnte die Regierung jedes Vorhaben blockieren. Zu keinem Zeitpunkt wollte sie den Sieg der Opposition und damit den Willen des Volkes anerkennen. Institutionen wie das Oberste Gericht und der Wahlrat, die in Demokratien unabhängig sein müssen, tanzen schon lange nach der Pfeife der Regierung von Präsident Nicolas Maduro.

In 15 von den letzten 17 Jahren schrieb die Zentralregierung rote Zahlen. Verschwendung, Veruntreuung sowie falsche Prioritätensetzung und Planungsunfähigkeit bedingen das Haushaltsdefizit. Doch ist es vor allem die Importabhängigkeit des Landes, die negativ zu Buche schlägt. Die Zeitschrift The Economist bezeichnete Venezuela als die „wahrscheinlich schlechteste verwaltete Volkswirtschaft der Welt“ und bezog sich dabei auf die Unfähigkeit der Regierung, trotz eines unglaublichen Ölreichtums nicht defizitär zu wirtschaften.

Wer behauptet, dass sich nur die reiche Bevölkerungsschicht gegen Maduro aufstellt, dem sei gesagt, dass in den Demonstrationen mittlerweile alle Bevölkerungsschichten vertreten sind. Der Hunger ist so groß, dass die ungebildete und arme Schicht auch nicht mehr von falschen Versprechungen oder Schenkungen seitens der Regierung zum schweigen gebracht werden kann. Seit dem gewaltsamen Tod des Bratschisten Armando Cañizales während einer Demo, beteiligen sich nun auch immer mehr Musiker des international renomierten “El Sistema“ (staatliches Förderprogramm für Musiker) an den Protesten. Es sind Musiker, die der Regierung die Finanzierung ihrer Karriere verdanken, und die deswegen von vielen sogar als Kollaborateure des Regimes von Staatschef Maduro abgestempelt wurden.

Maduro, der früher Busfahrer war! Und nur an die Macht kam weil er mit Chávez befreundet war, flüchtet sich inzwischen nur noch in Verschwörungstheorien. Er sieht sich von Feinden umzingelt. Er behauptet, in Venezuela sei eine US-Invasion im Gange. Der Staatschef sieht vor allem den gefallenen Ölpreis als Ursache für den Notstand. Venezuela lebt wie kein zweiter Staat vom Öl. Aus dem Verkauf des Rohstoffs stammte bisher der Großteil der Devisen, mit denen die Regierung den Import von Waren bezahlte.

Die venezolanische Regierung will diese Problem nicht mehr lösen, sondern nur noch totschweigen und hat somit den allerletzten Rest an “linken Idealen“ verraten und die letzte moralische Rechtfertigung verloren. Der Versuch des Machterhalts der herrschenden Clique ist reiner Selbstzweck und der verzweifelte Versuch, möglichst lang sich an der staatlichen Misswirtschaft zu bereichern.

Soviel zur „Bolivarianischen Revolution“….

Für Rücklagen hat Maduro nicht gesorgt, das rächt sich jetzt –
DARUNTER LEIDET DAS VOLK!!

Würden Sie unter solchen Bedingungen nicht auch auf die Straße gehen?

Leserkommentar Aljoscha_Hennig

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  1. 1
    Werner J. Scholz

    Ein sehr guter und fundierter Beitrag, dessen Fakten ich vollinhaltlich bestaetige. Ich kann das, denn ich lebe seit 2006 in Venezuela. Den Niederung dieses Landes habe ich bereits 2006 erkannt, da wurde ich noch belaechelt. Heute bekomme ich Respekt und Bewunderung fuer meine „Weitsicht“. Was die Linke in Deutschland ueber die Situation in Venezuela vom Stapel laesst in ihren Kommentaren – das schlaegt dem Fass dem Boden aus – wuerde mein Opa sagen. Sowas unsachliches, an der Realitaet, ideologisch verquirllten Unsinn habe ich in meinem Leben nur von dieser politischen Vereinigung gelesen. Da kann ich nur sagen, schaemt euch!!!!!! Saludos y fvon feliz tardes ihr Schwachmaten von den Linken. Hoffentlich sind dort nicht Alle so!!!!!!

    • 1.1
      noesfacil57

      Passt!
      Dem gibt es rein gar nichts hinzuzufügen, außer,……… brillante Kurzanalyse.
      Auch die Zusammenfassung von Aljoscha_Hennig stellt die „Zustände“ völlig zutreffend wieder.
      Das Drama fing aber schon weitaus früher an, die Wurzeln auf denen dieses Drama wächst sind schon sehr, sehr alt, was die Erkenntnis natürlich um keinen Deut besser werden lässt.

      Das Dilemma ist aber weitaus größer,…… solange die in Venezuela herrschende Unkultur der Korruption nicht aus sämtlichen gesellschaftlichen Schichten verschwindet, wird sich letztlich und nachhaltig für die Zukunft gar nichts ändern, egal unter welchem Regime. Und dennoch das Maduro- PSUV- Regime m u s s weg.

      Ein Venezolanischer Staatsbürger (im Ausland lebend).

  2. 2
    Gudrun

    Ja, Fazit der 18 Jahre „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“: ein auf vielen Ebenen zerstoertes Land und eine kleine Gruppe von Multimillionaeren bzw. Milliardaeren. Sollte jemand der DKP Interesse haben mit mir (mehr als 50 Jahre in Venezuela) zu tauschen, um sich von der Realitaet Venezuelas ueberzeugen zu koennen, moege er sich bitte bei mir melden. Derjenige muesste sich aber anstrengen, mit weniger als umgerechnet 10 Euro Rente im Monat zu ueberleben!!!!

    • Liebe Gudrun,liebe Landsleute,

      Mir fehlen die Worte um zu beschreiben was hier in Venezuela alltaeglich passiert.
      Ich bin sicher,dass unsere Landsleute,die in der sogenannten Ostzone wohnten
      besser lebten als wir heutzutage im sozialistischen Venezuela,das von einem
      miserablen Busfahrer und einer Bande von Narcos regiert wird. Das ist mein Fazit
      nach 45 Jahren in Venezuela

      Mit freundlichen Gruessen

  3. 3
    Masburro

    Maduro hat garantiert für Rücklagen gesorgt!!!!!!!!! Nur nicht fürs Volk……..

  4. 4
    Miguel-Ito

    Herrvoragender Beitrag! Danke Aljoscha Hennig!
    Ich denke, dass Sie, genau wie ich, NICHT in VZ leben, aber dennoch entsprechende Kontakte / Freundschaften etc. dorthin haben! Ihren Ausführungen habe ich nichts hinzuzufügen! UND: der hier verfasste Artikel über die Verkäufe von VZ-Staatsanleihen von „Goldman Sachs“ bestätigt meinen Verdacht, daß Staatsvermögen auf illegalem Wege außer Landes gebracht wurde und wird!!! Es geht doch nichts über globale Geldwäsche! Es würde mich nicht wundern, wenn schon irgendwo edle „habitaciones“ für den „Miraflores-Clan“ bereit stünden!
    Ach, da fällt mir doch glatt die Geschichte „Nicaraguas“ ein! Auch ein „Somoza“ wurde, wenn auch spät, gefunden (oder Sadat / Ghadafi)! Irgendwann hat es alle erwischt!

    • 4.1
      Mark

      (oder Sadat / Ghadafi)! Irgendwann hat es alle erwischt!

      ganz genauso ist es und was hats gebracht, nur mehr Krieg und Elend, siehe Lybien !!!!

  5. 5
    Mark

    Caracas weißt die höchste Mordrate außerhalb von Kriegsgebieten auf !

    Seit Jahrzehnte hält Caracas den Weltrekord, lange vor Maduro und Chavez, diese Motivation zur Gewalt wird sich auch mit Neuwahlen nicht ändern!

  6. Auch wann man den Raten 5 Generationen lang den Schwanz Kuppiert, bekommst du keine Hamsters…

  7. 7
    Der Bettler

    Mark gravierender Schreibfehler : Seit Chavez hat sich die Kriminalität versechsfacht,aber das hätten Sie in Ruhe googeln können ist alles statistisch aufgelistet.Neuwahlen und bessere Lebensbedingungen verringern auch die Beschaffungskriminalität.Bei Maduro ist die Kriminalität noch mal um einiges angestiegen.

  8. 8
    Hans Meier

    Ich kann die Wahrhaftigkeit des Artikels bestätigen! Es ist wie damals im Nati-Deutschland : Die Welt schaute zu, bis es Millionen Tote gegeben hatte! Die Ratte Maduro mit seinen kriminellen Mittätern wird das Volk weiter ausbluten lassen – dabei bringt dieser verlogene Machtbesessene Argumente ins Spiel die jeglicher Wahrheit entbehren und die Kopfnicker seiner Günstlingsjustiz sind genauso feige und degeneriert wie er! Einzig eine Frau hatte bis jetzt den Mut auf die Verletzung der Verfassung und der Menschenrechte aufmerksam zu machen. Maduro und seine Schergen sind weder Demokraten noch Sozialisten , sondern ganz einfach Banditen der übelsten Sorte.

    • 8.1
      Miguel-Ito

      DEMOKRATEN?? Dieses Wort kennt MadBurro nicht! Auch die Frau „Staatsanwältin“ war Teil des Regimes, bitte nicht vergessen! Aber sie hat offensichtlich die „Kurve gekriegt“! Für ihr jetziges Verhalten kann ich nur Hochachtung aussprechen! Mal sehen, wie lange es dauert, bis sie vom „Obersten Gerichtshof“ komplett entmachtet und eingekerkert wird! Ich hoffe, dass andere Regierungen (sie haben ja langsam begonnen) ihren Druck erhöhen und dafür sorgen, dass ihr nichts passiert!!!!!

  9. 9
    Yeli

    Endlich weckt sich das Interesse an die heutige Situation in Venezuela in Deuschland, schön zu wissen das wir nicht allein sind! und die Linken/ Kommunisten die hier in ein Freies kapitalistichen Land Leben , bitte lesen sie diesem Beitrag, die sehr gut erklärt ist, und vielleicht können sie die Meinung über wie Toll die Regierung und Revolution in Venezuela ist!!! ändern? Danke für den Beitrag!

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