Anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember weist eine Internationale Delegation auf die Beteiligung von Investoren aus Europa, Kanada und den USA an großflächigen Landakquisitionen im Nordosten Brasiliens hin. Millionen Hektar Trockenwald und Savanne werden dort in eine Sojawüste verwandelt. Die teils kriminellen Landkäufe bedrohen die Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung, Menschenrechte und die Umwelt. Vertreter von 24 internationalen Organisationen verlangen von der brasilianischen Regierung, unverzüglich Maßnahmen gegen Landraub im Nordosten Brasiliens zu unternehmen. Die beteiligten Investoren werden aufgefordert, ihre Gelder aus der Region abzuziehen.
Nina Bünger, Lateinamerika-Referentin von FIAN Deutschland: „Deutsche Investitionen sind für die schweren Menschenrechtsverletzungen im Nordosten Brasiliens mitverantwortlich. Die beteiligten Pensionskassen und Versorgungswerke müssen ihre Gelder unverzüglich aus der Region abziehen. Die Bundesregierung hat die Pflicht, solche Menschenrechtsverletzungen zu verhindern – auch im Ausland!“. Bünger war Teil einer internationalen Delegation, die im September während einer zwölftägigen Recherchereise im Bundesstaat Piauí die verheerenden Folgen ausländischer Land-Investitionen untersuchte.
Die erhöhte Nachfrage nach Land im Nordosten Brasiliens führt dazu, dass Privatpersonen mit Hilfe von korrupten Katasterbehörden Landtitel fälschen, um diese an Agrarfirmen oder Spekulanten zu verkaufen. Die örtliche Bevölkerung ist schweren Bedrohungen ausgesetzt, darunter körperlicher Gewalt, der Zerstörung von Häusern und Vertreibungen. In allen besuchten Gemeinden stellte die Delegation eine komplette Abwesenheit des brasilianischen Staates fest: Polizeistationen, Behörden, Schulen oder Krankenhäuser werden geschlossen oder liegen oft hunderte von Kilometern entfernt. Viele Ortschaften sind nur über unbefestigte Straßen erreichbar, teilweise gibt es keinen Strom und kein Telefonnetz. Zudem führt die großflächige Abholzung zum Austrocknen der Flüsse. Dies hat verheerende Auswirkungen, da die Gemeinden nicht an das öffentliche Wassernetz angeschlossen sind.
Pensionskassen profitieren
Hauptaugenmerk der Recherchereise war die Rolle internationaler Kapitalgeber bei großflächigen Landakquisitionen. Pensionskassen verwalten weltweit geschätzte 32 Billionen US-Dollar und haben in den vergangenen Jahren Land als Renditeobjekt entdeckt. So kaufte allein die amerikanische Investmentfirma TIAA-Cref Global Agriculture (TCGA) in Brasilien knapp 300.000 Hektar Land. Neben Einlagen von Pensionskassen aus Kanada, den Niederlanden und Schweden erhält TIAA auch Gelder aus Deutschland. So hat die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL) im Jahr 2011 einhundert Millionen Dollar in den Fonds TCGA I investiert. Dessen Landkäufe erfolgten über die brasilianische Firma Radar, die wiederum einem Tochterunternehmen von TIAA gehört. Die komplexe Unternehmensstruktur ermöglicht die Umgehung von brasilianischem Recht, welches Landeigentum durch ausländische Investoren nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz erlaubt. Der Landfonds TGCA I, in den auch die deutsche ÄVWL investiert hat, hatte eingeräumt, über einen brasilianischen Partner Land von dem Geschäftsmann Euclides De Carli gekauft zu haben. Nach einem Urteil des State Court vom Bundesstaat Piauí vom 5. Juli 2016 hat sich allein de Carli 124.400 Hektar Land illegal angeeignet.
Recherchen in Europa
Die Delegation fordert die deutsche Regierung und die Landesregierungen auf, ihren extraterritorialen Verpflichtungen nachzukommen und die Auslandsaktivitäten der beteiligten Unternehmen und Versorgungswerke zu regulieren. Im Januar 2018 wird es eine Recherchereise durch Deutschland, die Niederlande und Schweden geben. Ziel ist es, die Beteiligung europäischer Investitionen in großangelegte Landakquisitionen sowie Regulierungslücken hinsichtlich kapitalgedeckter Altersvorsorge aufzuzeigen und von den Staaten eine wirksame Regulierung einzufordern.
Pressemitteilung FIAN International
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