Seit Jahren sind in Brasilien evangelikale Strömungen auf dem Vormarsch. Evangelikale Abgeordnete bilden neben den „Ruralistas“, den Vertretern des Agrobusiness, inzwischen die einflussreichste Lobby im brasilianischen Kongress und an ihnen kommt kein wichtiger Politiker vorbei. Pfingstkirchen gewinnen an Macht, während die katholische Kirche im größten Land Lateinamerikas ihre traditionelle Dominanz zunehmend einbüßt. Jeder vierte Brasilianer gehört inzwischen einer Kirche der evangelikalen Christen an. Die Pfingstkirchen sprechen vor allem wenig gebildete Schichten an – in den Metropolen oder den wirtschaftlich verarmten Regionen im Norden und Nordosten des Landes. Auch bei den kommenden Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober dieses Jahres werden sie ein wichtiges Wort mitreden und vor allem Rechtskandidat Jair Bolsonaro kann auf die Stimmen der Mitglieder der evangelikalen Glaubensgemeinschaften setzen.
Die konservativen Kirchen, deren Einfluss im Hinblick auf die Wahlen 2014 gewachsen ist, haben ihre Unterstützung für Umweltschützerin und Politikerin Marina Silva zurückgezogen und favorisieren Jair Bolsonaro. Grund dafür ist seine abwehrende Haltung gegenüber der sogenannten Gender-Ideologie. „Wir dachten, Silva wäre unsere Kandidatin. Als es aber um die Frage der Abtreibung oder der homosexuellen Ehe ging, nahm sie dazu keine Stellung und hat uns verraten“,so der Kongressabgeordnete Marco Feliciano, einflussreicher Wortführer der „Bancada Evangélica“ im Repräsentantenhaus.
Das gesellschaftliche Klima in Brasilien hat sich mit dem Vordringen der Evangelikalen in Politik und Medien gewaltig verändert. Beim umstrittenen Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff waren sie im brasilianischen Kongress dafür verantwortlich, dass die Opposition die Abstimmung gegen die Arbeiterpartei deutlich gewinnen konnte. Durch den permanenten Ausbau ihre politischen Macht ist es ihnen gelungen, Genehmigungen für Radio- und Fernsehstationen zu erhalten. Sie haben eine große Medienmacht und berieseln die „Gläubigen“ mit einer gehirnwäscheartigen Kultprogrammierung.
Diese religiöse Gruppe ist seit den letzten Wahlen von 20 auf 25% der Wahlbevölkerung gewachsen und würde nach aktuellen Umfragen 12% ihrer Stimmen Bolsonaro geben. Dieser Prozentsatz liegt damit um fast 10 Punkte über den der Wähler aus dem katholischen Lager.
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