Der deutliche Etappensieg des rechtsextremen Kandidaten Jair Messias Bolsonaro bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien kündigt neue Zeiten an. Die linksgerichtete Arbeiterpartei von Herausforderer Fernando Haddad müsste bis zur Stichwahl am 28. Oktober im Durchschnitt 6 Millionen Stimmen pro Woche erobern um die Anzahl der Wähler zu erreichen, die für den Senkrechtstarter von der sozialliberalen Partei PSL gestimmt haben. Nach seiner Festnahme sagte der ehemalige brasilianische Präsident Lula da Silva, dass die Umfragen darüber entscheiden würden, ob er inhaftiert oder frei sein sollte: Die Wähler antworteten an der Urne. In seiner Siegesrede, live auf „Facebook“ übertragen und auf „Twitter“ hochgeladen erklärte Bolsonaro, dass die Brasilianer den Weg des „Wohlstandes, der Freiheit, der Familie oder den Weg Venezuelas gehen können“. In ganz Lateinamerika ist dies zu einer beliebten Wahlkampfstrategie geworden: Wählen Sie nicht links oder Sie werden wie Venezuela enden.
Der Unterschied zwischen Jair Bolsonaro und Fernando Haddad liegt bei 18.300.000 Stimmen. Seit den Präsidentschaftswahlen von 1989 hat kein Kandidat, der in der ersten Runde gewonnen hat, in der zweiten Runde verloren. Dies war der Fall bei der Wahl von Fernando Collor de Melo im Jahr 1989, bei Lula da Silva in den Jahren 2002 und 2006 und bei Dilma Rousseff in den Jahren 2010 und 2014. Aufgrund der Merkmale der Wählerschaft ist es praktisch unmöglich sich vorzustellen, dass einer der 49.200.000 Bolsonaro-Wähler ihre Stimme zugunsten von Fernando Haddad ändern würde. Die Definition des Sieges wird in den 13.300.000 Stimmen von Ciro Gomes und in den 3.100.000 Stimmen von Geraldo Alckmin liegen. Auffällig beim Urnengang vom Sonntag war, dass die Wahlenthaltung mit 20,3 Prozent (insgesamt 29,9 Millionen Wahlberechtigte) die höchste seit 1998 war.
Die einstmals unbedeutende sozialliberale Partei (PSL) von Bolsonaro ist bereit, eine entscheidende Kraft im Kongress nach den Parlamentswahlen zu werden, die parallel zur Präsidentschaftswahl abgehalten wurden. Die PSL wird die zweitgrößte politische Kraft im brasilianischen Unterhaus, nachdem sie 52 der 513 Sitze gewonnen hat. 2014 stellte sie nur einen Vertreter, dies wird von Analysten als ein „seismischer Wandel“ in der brasilianischen Politik bezeichnet. Im Rennen um den Senat hat die Arbeiterpartei ebenfalls eine historische Niederlage erlebt. Ex-Präsidentin Dilma Rousseff, die 2016 aus dem Amt entlassen wurde, wollte mit einem Sitz für den Bundesstaat Minas Gerais an die Front zurückkehren – landete abgeschlagen aber nur auf den vierten Platz.
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