Europas erste Mission zum Merkur soll am 20. Oktober 2018 in Französisch-Guayana starten. Mit auf die fast 9 Milliarden Kilometer weite Reise der Raumsonde BepiColombo geht ein Thermosensor aus dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) in Jena. Er wird berührungslos die Temperatur auf dem bislang am wenigsten erforschten Planeten im inneren Sonnensystem und dessen mineralogische Zusammensetzung erkunden. So wollen Wissenschaftler mehr über die Entwicklung des Merkur und den Ursprung unseres Sonnensystems erfahren. Sieben Jahre lang wird das europäisch-japanische Gemeinschaftsvorhabe unterwegs sein, bis das Raumfahrzeug Ende 2025 den Merkur erreichen soll.
Um 3.45 Uhr unserer Zeit soll BepiColombo an Bord einer Ariane-5-Trägerrakete zum Merkur starten. Mit zwei wissenschaftlichen Orbitern an Bord und in einer Geschwindigkeit von bis zu 60 Kilometern pro Sekunde nähert sich die Mission dem sonnennächsten Planeten. Auf komplizierten Flugbahnen: Wegen der enormen Anziehungskraft der Sonne wird die Raumsonde den Merkur zunächst sechsmal umkreisen, bevor sie in dessen Umlaufbahn einschwenkt.
Dann beginnt für die Instrumente und Kameras an Bord ein Einsatz unter Extrembedingungen: Herrscht tagsüber eine Hitze von bis zu 430 Grad Celsius, fallen die Temperaturen auf dem Merkur nachts auf bis zu minus 180 Grad Celsius. Gewappnet gegen den Sonnenwind und die hohe Sonneneinstrahlung, wird der robuste Sensor aus dem Leibniz-IPHT diese Schwankungen erkunden. Als Teil des thermalen Infrarot-Spektrometers MERTIS (Mercury Radiometer and Thermal Infrared Spectrometer) misst der in Jena spezialangefertigte Sensor berührungslos die thermische Strahlung an der Oberfläche des Planeten über einen breiten Spektralbereich von 4-40µm Wellenlänge, aufgelöst durch 30 Sensorpixel. Aus den Ergebnissen können Wissenschaftler nicht nur Rückschlüsse auf die Temperatur, sondern auch auf die mineralogische Zusammensetzung des Merkur ziehen. Neben dem inneren Aufbau und dem planetaren Umfeld des Merkur wollen sie darüber hinaus den Sonnenwind erforschen und herausfinden, wie der Planet der Extreme mit der sonnennahen Umgebung in Wechselwirkung steht. Für die europäische Weltraumorganisation ESA (European Space Agency) ist die Reise zum Planeten der Extreme eine anspruchsvollsten Missionen, die sie jemals durchgeführt hat.
Das Spektrometermodul MERTIS, in dem unter anderem der Jenaer Radiometer-Detektor verbaut ist, entwickelten Wissenschaftler unter der Leitung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und des Berliner Instituts für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Auf dem Gebiet der Weltraumforschung arbeitet das Leibniz-IPHT mit dem DLR bereits seit der 2004 gestarteten europäischen Rosetta-Mission zusammen, die im November 2014 auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko landete. Anfang Oktober 2018 kam mit dem Einsatz des Landegeräts MASCOT auf dem erdnahen Asteroiden Ryugu ein weiteres Projekt aus dieser Zusammenarbeit erfolgreich zum Abschluss.
Auch im Mars-Rover Curiosity sind Sensoren des Leibniz-IPHT verbaut. Die Jenaer Wissenschaftler sind mit spezialangefertigten Sensoren außerdem an der Mission InSight zur Erkundung des Mars-Inneren beteiligt, an der Mars-Rover-Mission Mars 2020 sowie an der europäisch-amerikanischen Asteroiden-Abwehrmission AIDA. Weitere Zusammenarbeiten sind in die Wege geleitet.
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