Brasiliens Ausnahmekicker Neymar da Silva Santos Júnior steht seit August 2017 nach dem bisher teuersten Transfer der Fußballgeschichte in Höhe von 222 Millionen Euro bei Paris Saint-Germain in der französischen Ligue 1 unter Vertrag. Bestimmt das spielerische Können von Fußball-Spielern ihren Marktwert? Dieser Frage sind Wirtschaftswissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in einer neuen Studie nachgegangen. Sie berechneten für 493 Spieler der 1. und 2. Fußball-Bundesliga in der Saison 2015/16 den Zusammenhang zwischen deren Können und ihrem Marktwert. Dabei zeigte sich: Starspieler werden tendenziell überbewertet, andere dagegen eher unter Wert verkauft. Neben den Leistungsparametern bestimmt auch das Renommee des Vereins den Marktwert der Fußballer. Die Studie erschien kürzlich im „Journal of Applied Statistics“.
Viele Fußballspieler sind nicht nur für ihr Können auf dem Platz bekannt, sondern auch für ihre teils horrenden Gehälter und Ablösesummen. Ob ihre Leistung ihren hohen Marktwert rechtfertigt, wird mitunter kontrovers diskutiert. „Die Leistung eines Fußballspielers zu bewerten, ist ein extrem komplexes Unterfangen. Dazu gehören nicht nur Einschätzungen zur körperlichen Fitness, auch die Technik und das taktische Spielwissen müssen eingeschätzt werden. Diese Aspekte sind teilweise nur schwer objektiv messbar“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Thomas Kirschstein von der MLU, der die Studie gemeinsam mit Dr. Steffen Liebscher durchführte.
Da es keine offiziellen, öffentlich zugänglichen Daten zur Leistung und zum Marktwert einzelner Spieler gibt, nutzen die Forscher der MLU für ihre Studie zwei andere Quellen: Für die Videospiel-Reihe „FIFA“ erfasst, analysiert und bewertet das Software-Unternehmen „Electronic Arts“ alle Spieler aus zahlreichen verschiedenen internationalen Fußball-Ligen. Hierzu gehören zum Beispiel Bewertungen zur Passgenauigkeit, zur Balltechnik und zum Verteidigungsverhalten. Diese Daten sind auf der Website „fifaindex.com“ öffentlich einsehbar. „Auch wenn es sich um ein Videospiel handelt, hat Electronic Arts ein großes Interesse daran, die Spieler möglichst realitätsnah abzubilden. Schließlich ist das Ziel, möglichst viele Spiele zu verkaufen und das geschieht nur, wenn das Spiel allgemein auf Akzeptanz bei den Fans stößt“, erklärt Kirschstein. Diese Bewertungen kombinierten die Forscher dann mit Daten der Website „transfermarkt.de“. Dort sind zahlreiche weitere Angaben zu den Fußballern verfügbar, darunter auch die Ablösesummen für einen vorzeitigen Vereinswechsel und Angaben zum Marktwert.
Für die weitere Analyse entwickelten die beiden Wissenschaftler ein robustes statistisches Verfahren, mit dem sie den Zusammenhang zwischen spielerischer Leistung und dem Marktwert der Fußballer angeben konnten. Dafür bildeten sie aus den insgesamt 28 Leistungs-Indikatoren fünf übergeordnete Kategorien und errechneten anschließend den Zusammenhang zwischen Leistung und Marktwert. Ausgeblendet wurden dabei Torwarte und ihre Leistungen. Das Ergebnis: Marktwert und Leistungskennzahlen liegen bei einigen Spielern teils deutlich auseinander. Starspieler wurden tendenziell überbewertet. Gleichzeitig gab es Spieler, die sehr gute Leistungen, aber keinen besonders hohen Marktwert erzielten. Ein Beispiel hierfür ist der ehemalige Nationalspieler Sidney Sam, dessen Marktwert in der damaligen Saison auf 500.000 Euro beziffert wurde, der aber deutlich bessere Leistungswerte auf Fifaindex.com aufwies, als der Marktwert suggerierte. „Mit Hilfe unserer Analyse können wir solche statistischen Ausreißer identifizieren und nach den Gründen für diese Abweichungen fragen“, sagt Kirschstein. Im Fall von Sidney Sam lasse sich dessen vergleichsweise geringer Marktwerkt in dieser Saison etwa durch gesundheitliche und disziplinarische Probleme erklären.
„Wie bei Unternehmen ist der Marktwert von Fußballspielern keine festgeschriebene Größe, die sich nur anhand ihrer Leistung berechnen lässt. Bei jungen Spielern gibt er zum Beispiel auch Auskunft über das vermutete Potenzial“, fasst Kirschstein zusammen. Zudem spielen auch kommerzielle Aspekte eine große Rolle: So können auch Spieler, die ein besonders erfolgreiches Marketing betreiben, trotz vergleichsweise mittelmäßiger Leistungen für einen Verein sehr viel Geld wert sein, weil sich durch sie zum Beispiel höhere Marketingeinnahmen, etwa beim Verkauf von Fanprodukten, erzielen lassen.
Die Forscher betonen, dass die für ihre Studie zugrundeliegenden Daten auf Schätzungen basieren und dass sich anhand ihrer Analysen kein vollständig authentisches Bild für die Leistung der Spieler und deren Marktwert in der Saison 2015/16 ableiten lässt. Allerdings ließe sich das von ihnen entwickelte Verfahren auch auf andere, zum Beispiel vereinsinterne, Datensätze – oder andere Fußball-Ligen – anwenden.
Nie und nimmer!!!!!!!