Dammbruch-Gefahr in Brasilien: 200 Menschen evakuiert

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Die Schlammlawine hat Großteile der Stadt Brumadinho, 60 Kilometer von Belo Horizonte (Hauptstadt von Minas Gerais), entfernt, überflutet (Foto: Cuerpo de Bomberos / Divulgación)
Datum: 20. Februar 2019
Uhrzeit: 05:10 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
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Nach dem Dammbruch nahe einer Eisenerzmine in der Stadt Brumadinho im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais Ende Januar hat das verantwortliche Bergbauunternehmen Vale nun auch an einer weiteren Betriebsstätte große Sicherheitsprobleme. Das berichtet das Werk für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR unter Berufung auf Informationen von brasilianischen Partnerorganisationen. Gleichzeitig fordert MISEREOR den TÜV-Süd auf, nach neuen Vorwürfen im Fall Brumadinho für rasche Aufklärung zu sorgen.

Nach MISEREOR-Angaben sind am vergangenen Wochenende im Ort Macacos, ebenfalls in Minas Gerais, etwa 200 Personen dazu aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen. Vale begründete diesen Aufruf damit, zwei Rückhaltebecken der Mine Mar Azul seien nicht ausreichend stabil. „Das Unternehmen hat den Betroffenen Hotelübernachtung, Verpflegung und eine sichere Unterkunft versprochen“, sagt Regina Reinart, Brasilienreferentin von MISEREOR. „Dies wurde jedoch nicht erfüllt. Stattdessen verbrachten die Bewohner von Macacos die Nacht im nahegelegenen Nova Lima im Regen und nur zum Teil in Gemeindezentren, wo es sogar an Wasser fehlte.“

Seit Jahren in der Kritik

Der Konzern Vale steht seit Jahren wegen der mangelnden Sicherheit von Dämmen und Rückhaltebecken an seinen Minen in der Kritik. Im September 2015 war im Distrikt Mariana ein Damm des Unternehmens gebrochen. Damals hatten sich etwa 60 Millionen Kubikmeter Schlamm in ein Flusstal ergossen. Die Opfer der Katastrophe warten bis heute auf eine Entschädigung von Vale. Am 25. Januar dieses Jahres brach dann der Damm in Brumadinho. Dabei kamen mindestens 165 Menschen ums Leben, weitere 155 Personen gelten noch als vermisst. Die Folgen der Katastrophe machen sich nun auch in der weiteren Umgebung bemerkbar. „Derzeit schiebt sich der mit Schwermetallen belastete Schlamm aus Brumadinho weiter in das Tal des Flusses Paraopeba und gefährdet die Bewohnerinnen und Bewohner mehrerer indigener Dörfer“, so Reinart.

Unterdessen fordert MISEREOR nach weiteren Berichten von Partnerorganisationen zum Fall Brumadinho dringend Aufklärung von TÜV Süd zu Vorwürfen, das deutsche Unternehmen habe die Sicherheit des dortigen Damms bestätigt, obwohl von ihm zuvor erhebliche Sicherheitsrisiken identifiziert worden sein sollen. Laut Informationen von MISEREOR-Partnern soll TÜV Süd dabei massivem Druck von Vale nachgegeben haben. Nach Angaben des Magazins „Der Spiegel“ geht dies aus einem Haftbefehl der Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiter von Vale hervor. „Sollten diese Anschuldigungen zutreffen, muss TÜV Süd umgehend für Aufklärung sorgen“, verlangt Susanne Friess, MISEREOR-Beraterin für das Thema Bergbau in Lateinamerika. „Für jedes Unternehmen muss die Wahrung der Menschenrechte einen höheren Stellenwert haben als der eigene Profit.“ Gleichzeitig zeige die beschriebene Gesamtproblematik in Brasilien, wie dringend es eines deutschen Gesetzes bedürfe, das hiesige Unternehmen dazu verpflichtet, bei allen ihren geschäftlichen Tätigkeiten im Ausland den Schutz der Menschenrechte zu garantieren.

Die deutsche Industrie importiert fast 56 Prozent der von ihr verarbeiteten Eisenerze aus Brasilien. „Sie hat daher eine besondere Verantwortung, dass die Missstände bei ihren brasilianischen Zulieferern endlich beseitigt werden“, betont Friess. Wie groß die Gefahr weiterer Dammbrüche ist, zeigen Berichte von MISEREOR-Partnern, nach denen allein in Minas Gerais etwa 720 Rückhaltebecken für Grubenschlämme existieren. Mindestens 50 sollen diesen Informationen zufolge nicht ausreichend gesichert sein. Nach vorsichtigen Schätzungen von Friess leben in Brasilien mindestens 100.000 Menschen in der Gefahr, von einem Dammbruch überrollt zu werden.

Der neue brasilianische Staatspräsident Jair Bolsonaro war in der Vergangenheit immer wieder durch Aussagen aufgefallen, brasilianische Umweltschutzstandards abbauen zu wollen. Dies betrachten MISEREOR und seine Partner in Brasilien mit Hinblick auf die aktuelle Situation mit großer Sorge.

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