Die französischen Karibikinseln Guadeloupe und Martinique leben von ihrem Image als idyllische Sonnen-, See- und Sand-Destinationen für Touristen. Aber nur wenigen Besuchern ist bewusst, dass diese üppigen tropischen Inseln unter einem chronischen Verschmutzungsproblem leiden. Laut einem Bericht der „BBC“ wurde auf den Inseln ein mit Krebs verbundenes Pestizid – Chlordecon – zwei Jahrzehnte lang auf Bananenkulturen gesprüht und mittlerweile haben fast alle erwachsenen Anwohner Spuren davon im Blut.
Der französische Präsident Emmanuel Macron nannte es einen „Umweltskandal“ und war der Meinung, dass der Staat „Verantwortung übernehmen“ müsse. Er war letztes Jahr auf Martinique und wurde über die Krise auf den Inseln unterrichtet. Das französische Parlament führt eine öffentliche Untersuchung durch, die im Dezember über die Ergebnisse berichten wird.
„Wir haben auf den Antillen Wut und Angst gefunden – die Bevölkerung fühlt sich von der Republik im Stich gelassen“, erklärt Justine Benin, Abgeordnete von Guadeloupe, die für den Untersuchungsbericht verantwortlich ist. Große Bodenabschnitte sind ebenso kontaminiert wie Flüsse und Küstengewässer. Die Behörden versuchen die Chemikalie aus der Lebensmittelkette herauszuhalten aber es ist schwierig, da viele Produkte von Kleinbauern stammen, die oft am Straßenrand verkauft werden. Trinkwasser gilt als sicher, da Kohlefilter zur Entfernung von Verunreinigungen eingesetzt werden.
In den USA wurde 1975 eine Fabrik zur Herstellung von Chlordecon – im Handel als Kepon verkauft – geschlossen, nachdem die Arbeiter dort schwer krank waren. Die Bananenzüchter auf den Antillen verwendeten das Pestizid jedoch weiterhin. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt es als „potenziell krebserregend“, Chlordecon verursacht Lebertumore bei Labormäusen. Als französischer Landwirtschaftsminister genehmigte Jacques Chirac, der später Präsident wurde, 1972 Chlordecon als Pestizid.
Die Chemikalie zersetzt sich in der Umwelt nur sehr langsam: Kontaminationen können Jahrhunderte andauern, sagen Experten. Zusammen mit 25 anderen „Persistent Organic Pollutants (POPs)“ (persistente organische Schadstoffe) wurde es 2016 im Rahmen der Stockholmer Konvention weltweit eingeschränkt.
Eine Studie in den Jahren 2013-2014 ergab, dass 95 Prozent der Erwachsenen auf Martinique Chlordekon im Blut hatten, während die Zahl für Guadeloupe 93 Prozent betrug ( rund 750.000 Menschen). 2010 stellten Prof. Multigner und Kollegen einen Zusammenhang zwischen höheren Chlordecon-Konzentrationen im Blut und Prostatakrebs fest. Ihre Schlussfolgerung basierte auf einer Studie von 623 Männern auf Guadeloupe mit neu diagnostiziertem Prostatakrebs. Im Jahr 2018 waren die höchsten Raten in der Welt auf Guadeloupe (189 pro 100.000) und Martinique (158 pro 100.000). Die Rate für das französische Festland betrug 99 pro 100.000.
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