Studie: Regenwaldschutz mit gegenteiligem Effekt

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Regenwälder speichern riesige Mengen Kohlenstoff und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz © R-M-Nunes_Shutterstock
Datum: 15. November 2019
Uhrzeit: 07:50 Uhr
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Autor: Redaktion
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Wenn Staaten weniger Regenwald abholzen, wird dies von den Vereinten Nationen finanziell belohnt. Die Länder müssen dabei selbst belegen, wie viel Wald erhalten wurde. Die Kosten für diesen Nachweis können jedoch höher sein als die zu erwartenden Bonuszahlungen. Gleichzeitig werden Länder benachteiligt, die ihre Naturwälder schon lange schützen. Dies zeigt Prof. Dr. Michael Köhl von der Universität Hamburg in einer aktuellen Studie im Fachjournal Environmental Economics.

Regenwälder speichern riesige Mengen Kohlenstoff und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Werden Wälder abgeholzt oder degradiert, indem aus ihnen große Mengen Holz entnommen werden, kann der gespeicherte Kohlenstoff als CO2 in die Atmosphäre gelangen und den Klimawandel beschleunigen. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) wurden zwischen 2010 und 2015 jährlich 6,6 Millionen Hektar Naturwälder gerodet, vor allem um neue Flächen für die Landwirtschaft und Viehzucht zu gewinnen. Tatsächlich gehen derzeit rund 20 Prozent der Treibhausgas-Emissionen auf Entwaldung zurück. Das von den UN beschlossene, 2008 gestartete Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) soll hier entgegenwirken.

Länder, die an REDD+ teilnehmen, wie zum Beispiel Brasilien, Indonesien und Kongo, verpflichten sich, in Zukunft den Kohlenstoffspeicher der Wälder zu erhalten. Dazu wollen sie weniger Wald abholzen und degradieren. Momentan werden bereits Projekte und Programme gefördert, in einer weiteren Phase sollen die Länder für jede Tonne Kohlenstoff, die im Wald erhalten bleibt, eine Ausgleichszahlung von fünf US-Dollar bekommen. Wie groß die Mengen an erhaltenem Kohlenstoff sind, müssen die Länder über Satellitendaten und engmaschige Probennahmen im Wald auf eigene Kosten nachweisen.

In einer aktuellen Studie hat Prof. Dr. Michael Köhl vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität verschiedene Stufen der Entwaldung simuliert und die für den Nachweis entstehenden Kosten den potenziellen Ausgleichszahlungen gegenübergestellt. Die im Fachjournal Environmental Economics veröffentlichte Studie zeigt: Die Kosten werden großen Einfluss darauf haben, ob REDD+ effektiv sein kann. Waldexperte Köhl sagt: „Die Kosten für den Nachweis überschreiten in vielen Fällen die Zahlungen, die die Länder erwarten könnten.“

Grundlage der Auszahlungsberechnungen ist, wie viel CO2 die Länder in der Vergangenheit durch Abholzung freigesetzt haben. Das ist der historische Referenzwert. Dieser wird zunächst so auf die Zukunft hochgerechnet, als ob keinerlei Waldschutz stattfände. Reduziert ein Land seinen CO2-Ausstoß im Vergleich zu diesem Wert nachweislich, bekommt es dafür Geld als Ausgleich.

Das Paradoxe daran: Länder, die in der Vergangenheit viel entwaldet haben, sind im Vorteil. Sie haben einen großen Spielraum für Verbesserungen, die finanziell belohnt werden. Staaten, die ihren Wald seit längerem schützen, können dagegen nicht viel verbessern. Möchten sie ihre kleinräumigen Verbesserungen trotzdem nachweisen, erfordert dies wesentlich genauere Daten und kostet deshalb mehr.

„Im Grunde bestraft das System Staaten, die bereits in der Vergangenheit ihren Regenwald geschützt haben“, so Michael Köhl. „Der Preis pro gesparter Tonne müsste verdoppelt, für einige Länder sogar verzehnfacht werden, damit sich der Waldschutz dort lohnt. Nur dann kann das System den bedeutenden Einfluss des Waldes auf den Klimaschutz weltweit erhalten und stärken.“

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