In Guyana im Norden Südamerikas waren am 2. März mehr als 661.000 Wahlberechtigte dazu aufgerufen, an den Regional- und Parlamentswahlen teilzunehmen. Obwohl die Wahlkommission noch keinen offiziellen Sieger erklärt hat, will Oppositionsführer Irfaan Ali (L) und seine politisch linksgerichtete Partei „People’s Progressive Party“ (PPP) den Urnengang gewonnen haben. Die Allianz für einen Wandel (Alliance for Change) unter der Führung des amtierenden Präsidenten David Granger spricht ebenfalls von einem Sieg. In ihrer gemeinsamen Erklärung vom Freitag (6.) erklärten Beamte der USA, Großbritanniens, Kanadas und der EU, sie seien besorgt über angeblichen Wahlbetrug, der die Ergebnisse der Abstimmung beeinflussen könnte. „Wir fordern Präsident Granger auf, einen Regierungswechsel zu vermeiden, der unserer Meinung nach verfassungswidrig wäre, da er auf einem Stimmenauswertungsverfahren basieren würde, dem es an Glaubwürdigkeit und Transparenz mangelt“, so die Erklärung. Der Wahlprozess war von einigen Unstimmigkeiten geprägt. Die Stimmauszählung für die Region Vier – den bevölkerungsreichsten Wahlbezirk – wurde mehrfach unterbrochen und blieb unvollständig. Dass Verzögerung auf Wetterbedingungen oder geographische Lage zurückgeführt wurden, erscheint demnach nicht glaubwürdig.
Der Wahlkampf wurde von der Frage dominiert, wie man den Gewinn aus den gigantischen Ölfunden nutzen kann, der Guyana unter die Top Ten der Ölproduzenten der Welt bringen könnte. Die Produktion in den Offshore-Ölfeldern – die schätzungsweise mindestens acht Milliarden Barrel enthalten – begann im vergangenen Jahr. Analysten stellen in Frage, ob das englischsprachige Land in der Lage sein wird, die neuen Reichtümer zu nutzen, um die dringend benötigte Entwicklung zu fördern und den so genannten „Ölfluch“ der wirtschaftlichen Misswirtschaft und Korruption zu vermeiden, der vor allem im Nachbarland Venezuela zu beobachten ist. Dort hat der verstorbene Ex-Präsident Chavéz eine Kleptokratie im Namen der Armen errichtet, die das einst reichste Land Lateinamerikas schamlos ausgeplündert und in den Ruin geführt hat. Die Regierung von Guayana rechnet nach eigen Worten dieses Jahr mit Öleinnahmen von bis zu 300 Millionen US-Dollar, was für ihre 780.000 Einwohner eine enorme Zahl ist.
Update, 12. März
Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs von Guyana hat bei den umstrittenen Parlamentswahlen in der vergangenen Woche eine teilweise Nachzählung der Stimmen angeordnet. Das Urteil ist ein großer Sieg für die Opposition, die die Regierung des Betrugs zugunsten des amtierenden Präsidenten David Granger beschuldigt hat.
Update, 4. August
Nach fünf Monaten der Kontroverse hat Guyana einen neuen Präsidenten. Es ist ein Land, dessen Wirtschaft in diesem Jahr nach internationalen Schätzungen ein 14-mal höheres Wachstum verzeichnen wird als China. Der 40-jährige Irfaan Ali war Kongressabgeordneter und Minister, bevor er Staatsoberhaupt wurde. Der Politiker, der in eine muslimische Familie indischer Abstammung hineingeboren wurde, löst in der ehemaligen britischen Kolonie den bisherigen Staatschef David Arthur Granger (75) ab.
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