Auch in Brasilien breitet sich das Coronavirus weiter aus und hat bisher sieben Todesopfer gefordert. Aktivisten und Bewohner von Favelas nutzen vermehrt die sozialen Netzwerke, um die Schwierigkeiten anzuprangern, denen sich die Bevölkerung dieser Armenviertel stellen muss. Nach ihren Worten gibt es für sie keine Richtlinien, wie sie sich vor der Krankheit schützen können. Die Armenviertel in brasilianischen Städten werden Favelas genannt. In Rio de Janeiro befindet sich die größte Favela Lateinamerikas, genannt „Rocinha“. Am Hang südlich von Rio gelegen bietet sie einen fantastischen Blick auf die Stadt, der für die auf engstem Raum lebenden 250.000 Bewohner (Schätzungen der Behörden) allerdings nebensächlich ist.
René Silva gehört zu denjenigen, die auf Probleme wie fehlende sanitäre Einrichtungen, die Kosten für Hygiene-Produkte und die Unmöglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, hingewiesen haben. „Ich bin sehr besorgt über dieses Virus in unserem Land. Es ist offensichtlich, dass es die größtmögliche Zahl armer Menschen erreichen wird, daran habe ich keinen Zweifel. Allerdings sind die Methoden der Prävention für unser Realitätsempfinden sehr schwierig“, so Silva auf Twitter. Seine von ihm herausgegebene Zeitung „Voz das Comunidades“ hat bereits diese Woche über den Wassermangel im „Complexo do Alemão“ berichtet, auf den sich der größte Bevölkerungsanteil in den Slums von Rio de Janeiro konzentriert.
Die sogenannten „Favela-Bewohner“ machen mehr als zwanzig Prozent der Bevölkerung von Rio de Janeiro aus, wie aus den aktuell verfügbaren Daten der Volkszählung von 2010 hervorgeht. Zum Zeitpunkt der Erhebung lebten in diesen Marginalsiedlungen etwa 1,4 Millionen Menschen, ein Kontingent, das größer ist als die Bevölkerung von Mailand, das als Epizentrum der Epidemie in Italien gilt. Diese Zahl ist heute wahrscheinlich sogar noch höher, da die Fläche der Favelas in der Gemeinde Rio de Janeiro nach Angaben des „Instituts Pereira Passos“ von 46,57 km2 im Jahr 2010 auf 46,86 km2 im Jahr 2018 gestiegen ist.
Historische Probleme wie der fehlende Zugang zu Wasser, die hohe Konzentration von Häusern mit wenigen Räumen und die fehlende Belüftung machen lokale Slums zu Orten, die spezifische Maßnahmen zur Vorbeugung gegen das Coronavirus benötigen. In Zeiten von Corona sind diese Orte schlummernde Zeitbomben, die jeden Moment explodieren können. Bereits jetzt ist offensichtlich, dass eine Isolierung von Patienten nicht möglich sein wird. „Wenn das Coronavirus die Favelas erreicht, werden die Ansteckungen explodieren. Die brasilianische Sozialstruktur kann dies nicht verhindern und die Menschen in diesen Vierteln werden doppelt bestraft“, so René Silva.
Leider kein Kommentar vorhanden!