Seit es die Möglichkeit genetischer Vaterschaftsanalysen gibt, ist klar: Viele paarlebende Tierarten, einschließlich des Menschen, nehmen es mit der Treue nicht besonders ernst. Bei den meisten findet sich ein mehr oder weniger großer Anteil an Kindern, die nicht von ihrem sozialen Vater abstammen. Eine Ausnahme scheinen die im Tieflandregenwald des Amazonas lebenden Roten Springaffen zu sein. Bei ihnen fanden Forschende des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung keine Hinweise für außerpartnerschaftliche Vaterschaften. Die Tiere scheinen in ihrer Partnerwahl so erfolgreich zu sein, dass ein potentieller genetischer Vorteil nicht die sozialen Kosten von Untreue aufwiegt (Scientific Reports).
Sogenannte Kuckuckskinder, das heißt Kinder, die aus einem Seitensprung resultieren und ihrem sozialen Vater untergeschoben werden, kommen bei paarlebenden Arten erstaunlich häufig vor. Verschiedene Gründe werden für dieses Verhalten diskutiert. So ist die Partnerwahl oft eingeschränkt und manchmal stellt sich erst später raus, dass der gewählte Partner vielleicht nicht die beste genetische Ausstattung besitzt. Um den eigenen Kindern möglichst gute Gene zu sichern, kann man es mit den Genen des Nachbarn oder eines herumwandernden Junggesellen probieren, ohne die Sicherheit des eigenen Territoriums und des sorgenden Vaters aufgeben zu müssen.
Rote Springaffen leben in kleinen Familiengruppen, bestehend aus Vater, Mutter und eigenem Nachwuchs, die gemeinsam ein Territorium verteidigen. In der Regel wird ein Junges pro Jahr geboren, das mit Erreichen oder kurz nach der Geschlechtsreife die Gruppe verlässt und sich einen Partner sucht, mit dem es ein eigenes Territorium besetzt. Die Paarpartner pflegen eine enge Beziehung, verbringen Tag und Nacht in großer räumlicher Nähe und mit wechselseitiger sozialer Fellpflege. An der Feldstation des Deutschen Primatenzentrums „Estación Biológica Quebrada Blanco“ im Nordosten Perus und deren näherer Umgebung wurden 14 Familiengruppen von Roten Springaffen untersucht. Mit Hilfe von Kotproben, aus denen im Genetiklabor des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen DNA extrahiert und sequenziert wurde, konnte von 41 Individuen das Erbgut charakterisiert werden. Bei keinem der 18 untersuchten Jungtieren wurde eine Fremdvaterschaft nachgewiesen, das heißt es herrscht genetische Monogamie. Darüber hinaus zeigte sich, dass die erwachsenen Tiere insgesamt eine sehr vielfältige genetische Ausstattung besaßen und Paarpartner nicht oder nur sehr weitläufig miteinander verwandt waren. „Eine außerpartnerliche Fortpflanzung hätte den untersuchten Tieren daher keinen genetischen Vorteil verschafft, so dass sie vermutlich die Risiken von ‚Untreue‘ eher vermeiden“, sagt Sofya Dolotovskaya, die als Doktorandin des Deutschen Primatenzentrums 14 Monate lang die Tiere und ihr Verhalten vor Ort studierte.
„In einem intakten Ökosystem, wie an unserer Feldstation, können sich junge Springaffen offenbar so weit von ihrer Geburtsgruppe entfernen, dass sie einen geeigneten Partner finden, ohne das Risiko von Inzucht einzugehen“, schließt Eckhard W. Heymann, Wissenschaftler am Deutschen Primatenzentrum und Leiter der Feldstation in Peru aus der Studie. „Ob die genetische Monogamie auch in anderen Populationen Roter Springaffen vorherrscht, insbesondere in gestörten Lebensräumen, müssen weitere Studien zeigen.“
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