Ernährung in planetaren Grenzen: Die Zukunft liegt auf unserem Teller

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Durch die Zunahme des Fleischkonsum in Brasilien und weltweit verschwinden immer mehr Waldflächen (Foto: ScreenshotYouTube)
Datum: 07. April 2021
Uhrzeit: 16:23 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
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Der bundesdeutsche Verbrauch von tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Wurst und Käse verursacht rund 70 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen. Halbiert sich der Fleischkonsum aller Deutschen auf im Schnitt 470 Gramm pro Woche und essen sie mehr Hülsenfrüchte und Nüsse, emittieren sie jährlich 56 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente weniger. Das entspricht fast den gesamten Emissionen der deutschen Landwirtschaft (66 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente). Gleichzeitig sinkt damit auch Deutschlands derzeitiger ernährungsbedingter Bedarf an Fläche um fast drei Millionen Hektar. Das ist in etwa die Größe Brandenburgs. Noch höhere Einsparungen seien bei einer vegetarischen oder veganen Ernährung möglich. Das sind Ergebnisse einer neuen Studie, die der WWF-Deutschland gemeinsam mit der corsus – corporate sustainability GmbH durchgeführt hat. Die Umweltschutzorganisation fordert daher die nächste Bundesregierung auf, in eine umweltverträgliche Ernährungspolitik einzusteigen – samt ressortübergreifender Ernährungsstrategie und der Prüfung einer Lenkungssteuer auf tierische Lebensmittel, die nicht aus ökologischer Landwirtschaft stammen.

„Im Moment werden jene Lebensmittel, die unser Klima und die Ökosysteme und damit die Grundlagen unseres Lebens und Wohlstands überbelasten, vorteilig behandelt. Wir brauchen einen Mind Shift bei unserer Ernährung. Ein Mind-Shift wäre zum Beispiel: Beim Catering für Veranstaltungen oder auf Reisen gibt es automatisch ein vegetarisches Menü. Wer Fleisch möchte, kreuzt das extra an“, so Tanja Dräger de Teran, Referentin für Ernährung und Landwirtschaft beim WWF Deutschland.

In der Studie werden im Auftrag des WWF erstmals die globalen Ernährungsempfehlungen der EAT-Lancet-Kommission auf Deutschland übertragen und ermittelt, wie eine gesunde Ernährung innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen der Erde aussieht. Darauf aufbauend berechnet die Studie die Auswirkungen unserer derzeitigen Ernährung auf die Umwelt und das Klima und vergleicht, wie sich diese bei einer flexitarischen, vegetarischen und veganen Ernährungsweise ändern.

Von herausragender Bedeutung ist bei einer Ernährungsweise innerhalb der planetaren Grenzen, die Art und Weise, wie wir unsere Nutztiere füttern. „Soja für Tierfutter ist der mit Abstand größte Treiber für Emissionen aus veränderter Landnutzung. Ergo liegt hier auch der effektivste Hebel für den Einstieg in eine Ernährung, die Klima und Biodiversität besser schützt.” Der aktuelle bundesdeutsche Bedarf an Soja entspricht einer Anbaufläche in der Größe Brandenburgs (2,84 Millionen Hektar). Davon entfallen 96 Prozent auf das Konto von Tierfutter, nur vier Prozent werden verwendet, um pflanzliche Lebensmittel herzustellen. Importiert wird Soja nach Deutschland hauptsächlich aus den USA und Brasilien. In Brasilien beschleunigt der Sojaanbau die fortschreitende Zerstörung von Wäldern. „Verändern wir unsere Ernährung, senken wir auch das Risiko für neue Pandemien. Denn die fortschreitende Zerstörung von Ökosystemen und Lebensräumen ist ein wesentlicher Risikofaktor für künftige Ausbrüche wie COVID-19.“

„Die jetzige Bundesregierung hat die Verantwortung für die ökologische Ernährungswende auf den Schultern der Verbraucherinnen und Verbraucher abgeladen und lässt sie damit allein. Dabei müssen wir unser Ernährungssystem dringend anpassen, um die Pariser Klimaziele erreichen und den Verlust der Biodiversität noch aufhalten zu können” sagt Dräger de Teran. „Deutschland ist Mitverursacher der globalen Ernährungskrise. Wer Regierungsverantwortung übernehmen will, braucht ein ernährungspolitisches Gesamtkonzept, um Teil der Lösung zu werden.” Die kommende Regierung müsse daher bis spätestens 2022 eine ressortübergreifende Ernährungsstrategie auf den Weg bringen, deren Maßstab die ökologischen Grenzen der Erde sind. Dazu gehören konkrete Klimaziele für das Ernährungssystem und verbindliche Mindestkriterien für die Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen, wie etwa Schulen. „Künftig muss die einfache Wahl auch immer die gesunde und nachhaltige sein.” Außerdem fordert der WWF, dass die Bundesregierung die Einführung einer Lenkungssteuer für tierische Lebensmittel spätestens ab 2023 umsetzt. „Wir brauchen eine Lenkungsabgabe, die sich an Nachhaltigkeitskriterien orientiert und so Produkte aus der ökologischen Landwirtschaft weniger belastet.” Langfristig sei eine Nachhaltigkeitssteuer zu begrüßen.

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