Chiles Präsident Sebastián Piñera hat seine geplante Europa – Tour wegen der Verschlechterung der Corona-Pandemie ausgesetzt. Die Hauptstadt Santiago de Chile wird diesen Samstag (12.) zur totalen Quarantäne zurückkehren, wegen des Anstiegs der Infektionen stehen die Krankenhäuser im Land des Impfweltmeisters vor dem Zusammenbruch. Die Tour umfasste Arbeitstreffen mit König Felipe VI. von Spanien, dem spanischen Premierminister Pedro Sanchez, dem britischen Premierminister Boris Johnson, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Papst Franziskus. Obwohl mehr als die Hälfte der Bevölkerung vollständig geimpf ist, verzeichnet das Nachbarland von Peru, Bolivien und Argentinien die schlimmsten COVID-19-Fallzahlen seit Beginn der Pandemie. Die bestätigten täglichen Fallzahlen sind in den letzten zwei Wochen landesweit um siebzehn und in der Metropolregion von Santiago um fünfundzwanzig Prozent gestiegen. Die Intensivbetten in der Hauptstadtregion sind nun zu achtundneunzig Prozent ausgelastet und stehen nach Angaben von Jose Luis Espinoza, Präsident des chilenischen Nationalverbands der Pflegeverbände (FENASENF), „am Rande des Zusammenbruchs“.
Chile hat eine der höchsten Impfraten der Welt. Rund fünfundsiebzig der fünfzehn Millionen Einwohner haben bereits mindestens eine Impfdosis erhalten, fast achtundfünfzig Prozent sind vollständig geimpft. Es wurden bisher fast 23 Millionen Impfstoffdosen verwendet – 17,2 Millionen von „Sinovac“, 4,6 Millionen von „Pfizer/BioNTech“ und jeweils weniger als eine Million von „AstraZeneca“ und „CanSinos“. Impfstoffe sind allerdings bei weitem nicht zu einhundert Prozent wirksam, betonten medizinische Experten und es gibt eine Zeitverzögerung, bis sie ihre höchste Wirksamkeit erreichen. Die heftige zweite Welle wird auch durch Lockdown-Müdigkeit und das Auftreten ansteckenderer Varianten angetrieben. Von 7.716 Personen, die zwischen Mittwoch und Donnerstag als mit Covid-19 infiziert bestätigt wurden, waren 73 Prozent nicht vollständig geimpft und 74 Prozent waren unter 49 Jahre alt, teilte das Gesundheitsministerium mit. Die chilenische Gesundheitsbehörde „ISP“ erklärte die Genomsequenzierung von Infektionen zwischen Dezember und Juni habe bestätigt, dass die brasilianische P1-Variante die am weitesten verbreitete im Land und „doppelt so ansteckend wie der ursprüngliche Stamm“ sei. „Auch wenn sie vollständig geimpft sind, sind etwa zehn Prozent der Menschen nicht vor schweren Krankheiten geschützt. Das sind Hunderttausende von Menschen, die auf die Intensivstationen müssen“, erklärte ein Spezialist für Infektionskrankheiten in einem großen Krankenhaus in Santiago, der nicht namentlich genannt werden wollte.
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