Schnelles Handeln im Gran Chaco erforderlich

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Der Gran Chaco im Herzen Südamerikas hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem globalen Hotspot der Umweltzerstörung entwickelt (Foto: TVScreen)
Datum: 14. September 2021
Uhrzeit: 07:06 Uhr
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Autor: Redaktion
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Der Gran Chaco im Herzen Südamerikas hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem globalen Hotspot der Umweltzerstörung entwickelt. Hauptgrund für diese Entwicklung in der Trockenwaldregion, dreimal so groß wie Deutschland, ist die Rodung riesiger Flächen für die industrialisierte Landwirtschaft zur Produktion von Rindfleisch und Sojabohnen für internationale Märkte. Wie für viele andere Trockenwälder im globalen Süden stellt sich auch für den Gran Chaco die Frage, wie Landwirtschaft und Umweltschutz in Einklang gebracht werden können? Eine neue Studie von Forschern des Geographischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin in enger Zusammenarbeit mit argentinischen Forschungseinrichtungen zeigt nun erstmalig, wie dies möglich werden kann. Zunächst sammelten die Forscher:innen eine Vielzahl von Daten zur Agrarproduktion, Artenvielfalt, und den in den Wäldern und Savannen des Chaco gespeicherten Kohlenstoffvorräten. Auf dieser Basis konnte das Forscher:innen-Team dann ein räumliches Optimierungsmodell entwickeln. Dies ermittelt, wie nachhaltige Landschaften im Chaco aussehen könnten.

„Unsere wichtigste Erkenntnis ist, dass es zwar lokal starke Zielkonflikte zwischen Landwirtschaft und der Umwelt gibt, diese jedoch für die Landschaft als Ganzes zu einem gewissen Grad ausgeglichen werden können“, erklärt Dr. Elizabeth Law, ehemalige Postdoktorandin am Geographischen Institut der HU Berlin und Hauptautorin der Studie. „Mit anderen Worten: Wenn wir genügend Wald stehen lassen und gleichzeitig eine Mischung von extensiven und intensiven Landnutzungsarten erreichen, können wir Landwirtschaft mit dem Schutz von Artenvielfalt und Kohlenstoffspeicherung in Einklang bringen.“ Den Forschern zufolge müssten mindestens 40% bis 50% der Wälder des Gran Chaco geschützt werden, um solch nachhaltige Landschaften zu ermöglichen. „Einige Arten von Landwirtschaft wie der Sojaanbau machen es sehr schwer, eine bessere Balance zwischen Agrarproduktion und Umweltschutz zu erreichen“, erklärt Dr. Maria Piquer Rodríguez vom Lateinamerika-Institut der Freien-Universität Berlin und Koautorin der Studie. „Aber wenn intensive Landnutzung mit ausreichend Waldbestand und Flächen weniger intensiven Landnutzungsarten einhergeht, können wir einen Großteil der Artenvielfalt und des Kohlenstoffs der Wälder des Chacos erhalten – und mit ihnen die Ökosystemleistungen, die sie erbringen.“

Gleichzeitig warnen die Forscher, dass mit fortschreitender Abholzung die Umweltauswirkungen stark ansteigen. „Die Entwaldung schreitet derzeit an vielen Stellen im Chaco voran“, erklärt Prof. Kümmerle von der Humboldt-Universität. Eine intensivere Landwirtschaft bedeutet auch, dass mehr Wald benötigt wird, um die durch die Abholzung verursachten Verluste an Biodiversität und Kohlenstoffvorräten zu kompensieren. „Je mehr sich die intensive Landwirtschaft in der Region ausbreitet, desto schwieriger wird es, einen Zustand zu erreichen, den wir als nachhaltig bezeichnen können.“ Im argentinischen Chaco hat sich die Abholzung in den letzten 30 Jahren verdreifacht, und der Druck auf die verbleibenden Wälder nimmt weiter zu. „Wir zeigen, dass es möglich ist, Agrar- und Umweltziele in Einklang bringen, und das ist ermutigend. Aber es bleibt nur noch wenig Zeit, diese Chance auch zu nutzen“. fasst Kümmerle zusammen.

Weiteres wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass die im Chaco lebenden indigenen Völker und Kleinbauern, die in den Wäldern Viehzucht betreiben, Teil der Lösung sein müssen. „Die Subsistenzwirtschaft ist in den Wäldern des argentinischen Chaco weit verbreitet und hat eine lange Tradition“, betont Elizabeth Law. „Die Erhaltung dieser kulturell wichtigen Landnutzungssysteme steht nicht, wie oft behauptet wird, einer nachhaltigen Landnutzung im Weg. Im Gegenteil zeigen unsere Ergebnisse klar, das kleinbäuerliche Systeme ein Teil der Lösung hin zu nachhaltigerer Landnutzung sein können“.

„Unsere Analysen zeigen zudem, dass in der derzeitigen Flächennutzungsplanung Argentiniens eine Ausweitung der Landwirtschaft weit über das nach unseren Analysen nachhaltig Maß hinaus gehen würde,“ erklärt Maria Piquer Rodríguez, die zwei Jahre in Argentinien gelebt und geforscht hat. „Aber die nationalen Flächennutzungspläne werden momentan überarbeitet. Unsere Studie liefert konkrete Anhaltspunkte, wie und wo eine Anpassung nötig ist, um zu vermeiden, dass wir die verbleibende Artenvielfalt des Chaco und die global wichtigen Kohlenstoffvorräte in dessen Wäldern verlieren“.

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