Gorch Fock: Der Stolz der deutschen Marine wurde mit Mafiaholz restauriert

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In vielen Ländern werden immense Mengen Holz illegal geschlagen und außer Landes geschmuggelt (Foto: Rettet den Regenwald)
Datum: 05. Oktober 2021
Uhrzeit: 15:31 Uhr
Leserecho: 2 Kommentare
Autor: Redaktion
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Das Holz aus tropischen Regenwäldern ist oft besonders haltbar und billig. Zum Beispiel, weil Löhne dort niedriger sind und die Bäume nicht wie bei uns extra gepflanzt, sondern nur abgeholzt werden. Und das auch meistens illegal. Unter Tropenholz versteht man Hölzer, die aus den tropischen und subtropischen Wäldern in Asien, Afrika sowie Mittel- und Südamerika stammen. In den Tropenländern ist illegaler Holzeinschlag laut der Organisation „Rettet den Regenwald“ Alltag und ein großes Problem. Der wirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden, die ökologischen und sozialen Schäden sind wesentlich höher. Nach Angaben der EU-Kommission stammt rund ein Fünftel der EU-Holzimporte aus gesetzwidrigen Quellen. In wichtigen Exportländern ist der Anteil des ohne Genehmigung geschlagenen Holzes besonders hoch, so die Schätzungen: in Kamerun fünfzig, Brasilien und Indonesien mindestens siebzig und Kambodscha mehr als neunzig Prozent. Mit kreativem Protest hat am Montag (4.) ein Aktionsbündnis anlässlich der Rückkehr der Gorch Fock nach Kiel demonstriert. Die Aktivist:innen machen damit auf eklatante Verstöße gegen den Umweltschutz bei der Restaurierung des Marine-Schiffs aufmerksam. Der Vorwurf der Umweltorganisationen WWF, ROBIN WOOD, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Rettet den Regenwald sowie der Waldzertifizierungsorganisation FSC: Bei dem für die Erneuerung des Decks verwendeten Teak handelt es sich höchstwahrscheinlich um illegales Holz aus den letzten verbliebenen Urwäldern Myanmars. Das Verteidigungsministerium bzw. die ihm unterstellten Behörden hätten nachweislich die Beschaffungsrichtlinien des Bundes ignoriert. Gleichzeitig weigere sich die der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner unterstellte Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beharrlich, eine genaue Legalitätsprüfung des Holzes durchzuführen. Die Gorch Fock als weiße Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland verkomme so zur schwimmenden Peinlichkeit und Symbol für die Ignoranz Deutscher Behörden gegenüber Umwelt- und Klimaschutz.

Johannes Zahnen, Holzexperte beim WWF Deutschland: „Das Teak der Gorch Fock wurde aus Myanmar importiert, obwohl lange bekannt ist, dass dort Raubbau betrieben wird und das geschlagene Holz meist illegal ist. Der Stolz der deutschen Marine wurde mit Mafiaholz restauriert und die Behörden drücken beide Augen zu. Während wir in Deutschland über einen besseren Umwelt- und Klimaschutz debattieren, werden mit Unterstützung von Landwirtschaftsministerium und Bundeswehr anderswo die letzten Urwälder abgeholzt. Es ist ein Armutszeugnis, dass wir bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen müssen, weil der Staat sich weigert, die Einhaltung von Gesetzen zu überprüfen und sicherzustellen. Die Gorch Fock ist hier nur die Spitze des Eisberges.“ Fenna Otten, Tropenwaldreferentin von ROBIN WOOD: „Der globale Waldverlust schreitet im Rekordtempo voran. Wertvolle Ökosysteme werden für unseren Konsum abgeholzt, auch vor den letzten Urwäldern wird kein Halt gemacht, deren Erhalt entscheidend ist, um Artensterben und Klimakrise einzudämmen. Aus menschenrechtlicher Perspektive ist der Import von Burma-Teakholz aus Myanmar besonders kritisch. Das Leben von Umweltaktivist:innen ist dort akut bedroht. Dass Deutschland sich nicht mindestens an die eigenen Richtlinien hält, zeigt entsprechend eine unfassbare Ignoranz gegenüber Umweltschutz und Menschenrechten und sendet ein fatales Signal aus.“

„Am beschämenden Beispiel der Gorch Fock wird deutlich, dass es endlich eine Europäische Gesetzgebung braucht, die den Import von Naturzerstörung und Menschrechtsverletzungen wirksam verhindert. Nachdem das deutsche Lieferkettengesetz durch die Wirtschaftslobby und CDU/CSU weichgespült wurde, muss nun die EU nachlegen. Ein Europäisches Lieferkettengesetz für Menschenrechte und Importverbote für Rohstoffe, die aus dem Raubbau von Wäldern stammen, sind elementar für den Schutz von Klima und Biodiversität“, so Peer Cyriacks, Leiter Naturschutz der DUH. „Es hätte ausgereicht, die seit 2007 geltenden Beschaffungsrichtlinien des Bundes für Holz anzuwenden. Diese verlangt eindeutig, dass bei Projekten des Bundes nur Holz mit entsprechenden Nachhaltigkeitsnachweisen, zum Beispiel mit FSC-Zertifikat, zum Einsatz kommen sollen. Die Ignoranz beim Holzeinkauf für die Gorch Fock schädigt nicht nur den Wald, sondern auch die redlichen Forstbetriebe und Händler:innen. Holz aus Forstwirtschaft mit verlässlich abgesicherten Umwelt- und Sozialstandards steht damit im Wettbewerb zu Raubholz und verliert regelmäßig bei Ausschreibungen gegen dieses. Das ist unlauterer Wettbewerb“, unterstreicht Dr. Uwe Sayer, Geschäftsführer FSC Deutschland.

Darüber hinaus kritisiert das Aktionsbündnis, dass mögliche alternative Holzarten aus verantwortungsvoller Waldwirtschaft nicht ernsthaft geprüft wurden. Das Prestige des aus Kolonialzeiten berühmten Burma-Teaks rechtfertige keine Urwaldzerstörung oder zwielichtige Geschäfte mit deutschen Steuergeldern, von denen auch die Militärdiktatur Myanmars profitiere. Wenn die Bundesregierung nicht mal in diesem öffentlich verhandelten Fall klare Kante zeige, werde sie international niemals glaubhaft gegen Klimakatastrophe, Artensterben und Menschenrechtsverletzungen auftreten können. Das Aktionsbündnis fordert eine ehrliche und umfassende Aufklärung der Legalität des auf der Gorch Fock verbauten Tropenholzes. Für die Zukunft mahnen die Organisationen: Bundes- und Landesbehörden müssen den Waldschutz bei der öffentlichen Beschaffung endlich ernst nehmen und die geltenden Umweltgesetze und Beschaffungsrichtlinien einhalten.

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  1. 1
    Werner Beck

    Typisch für eine Nation der Oberlehrer: Dreck in Massen von der eigenen Hütte, aber Fresse beim Belehren. Verachtenswert!!!!!!!!!!!!

    • 1.1
      C.H. Sievers

      Da haben Sie -leider- nicht ganz Unrecht!
      Auch wenn man das sicher auch anders ausdrücken könnte.

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