Bei einer heftigen Konfrontation mit der Polizei während eines Einsatzes am Sonntag (31.) sind insgesamt fünfundzwanzig Menschen getötet worden. Nach Angaben der Behörden planten mutmaßliche Mitglieder einer auf Banküberfälle spezialisierten Bande einen groß angelegten Raubüberfall in der Stadt Varginha, einer Stadt mit rund 136.000 Einwohnern im südöstlichen Bundesstaat Minas Gerais, als sie von Teams des Militärs und der Autobahnpolizei überrascht wurden. „Die Verdächtigen gerieten daraufhin in eine Konfrontation mit der Militärpolizei und erhielten die entsprechende Antwort“, so die Sprecherin der Militärpolizei, Hauptmann Layla Brunnela. Nach Angaben der Behörden handelt es sich um die größte Operation gegen den so genannten „Novo Cangaço“, die jemals im Land durchgeführt wurde und um eine der gewalttätigsten Polizeiaktionen, die in den letzten Jahren in dem lateinamerikanischen Staat verzeichnet wurden. „Wir werden hier keine Toten feiern“, aber „es war eine präzise Aktion unseres Geheimdienstes“, bekräftigte Brunnela.
Wie die Behörden mitteilten, kam es in den frühen Morgenstunden des Sonntags zu schweren Schießereien, als Beamte zwei Farmen in Varginha, etwa 580 Kilometer von der Hauptstadt Belo Horizonte entfernt, stürmten, nachdem sie „verdächtige Bewegungen“ auf den Grundstücken festgestellt hatten. Auf der ersten Farm wurden achtzehn Verdächtige getötet, während sieben weitere bei der Aktion auf der zweiten Farm ums Leben gekommen sind. Bei der Aktion wurden weder Polizisten noch Zivilisten verletzt. Die Behörden beschlagnahmten bei der Operation ein „wahres Waffenarsenal“ und auf den veröffentlichten Videos sind die schweren Waffen zu sehen, darunter Gewehre, Maschinengewehre Kaliber 50, Sprengstoff und kugelsichere Westen sowie mehrere gestohlene Fahrzeuge.
Der Einsatz vom Sonntag gilt bereits jetzt als einer der tödlichsten Polizeieinsätze in Brasilien, einem Land, in dem die Zahl der Todesfälle durch Sicherheitskräfte im Jahr 2020, mitten in der Coronavirus-Pandemie, einen Rekordwert erreichte. Laut dem brasilianischen Jahrbuch für öffentliche Sicherheit sind im vergangenen Jahr 6.416 Menschen durch Sicherheitskräfte ums Leben gekommen, so viele wie noch nie seit Beginn der historischen Aufzeichnungen im Jahr 2013. Die Zahl könnte noch höher sein, wenn die Justiz nicht eingegriffen hätte, um Einsätze in einigen Regionen des Landes zu stoppen, wie in Rio de Janeiro, wo eine blutige Aktion im vergangenen Mai achtundzwanzig Menschen das Leben kostete und zum größten Polizeimassaker in der Geschichte der Stadt wurde.
Trotz der von Menschenrechtsorganisationen erhobenen Vorwürfe über Gewaltanwendung feierte der Gouverneur von Minas Gerais, Romeu Zema, die Varginha-Operation und gratulierte den Beteiligten. „Herzlichen Glückwunsch an die beteiligten Helden! Wir arbeiten daran, dass Minas der sicherste Bundesstaat des Landes bleibt“, schrieb er in seinen sozialen Netzwerken. Die filmreifen Raubüberfälle des „Novo Cangaço“, dessen Name sich auf die Banditenbewegung bezieht, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts die Kontrolle über die Gebiete im Nordosten des Landes erlangte, kommen in kleinen und mittelgroßen Städten Brasiliens immer häufiger vor. Bei ihren Aktionen ist eine große Gruppe von Kriminellen in der Regel bis an die Zähne bewaffnet und Schüsse, Sprengstoff und Geiseln, die als menschliche Schutzschilde an Autos gefesselt sind, gehören zu ihrem Modus Operandi.
Sie wählen auch Kleinstädte, weil dort die Polizeikräfte reduziert sind und beginnen ihre Angriffe oft mit der Ausschaltung der örtlichen Polizeistationen. Die jüngste Aktion dieser Art ereignete sich am 30. August, als mindestens fünfundzwanzig Kriminelle zwei Banken in die Luft sprengten und die Stadt Araçatuba im Landesinneren von São Paulo mit einem Raubüberfall terrorisierten, bei dem drei Menschen starben.
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