Große Pharmakonzerne bedienen die finanzkräftigsten Kunden zuerst – ohne Rücksicht auf Pandemieverlauf und Weltgesundheit. Das kritisiert die People’s Vaccine Alliance (PVA) im Vorfeld des Stata-Gipfels in Boston – eines wichtigen Branchentreffens der Pharmaindustrie. Pfizer, BioNTech und Moderna machen mit ihren Impfstoffen jede Sekunde etwa 1.000 US-Dollar Gewinn – fast 100 Millionen pro Tag. Gleichzeitig haben die Unternehmen noch keine einzige der Impfstoff-Dosen geliefert, die sie der Afrikanischen Union (AU) verkauft haben. Oxfam und die anderen Organisationen der PVA fordern die Aussetzung des Patentschutzes für COVID-19-Impfstoffe, -Tests und -Behandlungen.
Während die Impfraten in den bisherigen Empfängerländern vergleichsweise hoch sind und zum Teil Probleme bestehen, die Drittimpfungen überhaupt loszuwerden, sind in Afrika noch immer 94 Prozent der Bevölkerung nicht vollständig geimpft. Das bedeutet auch ein höheres Risiko für Mutationen, die sich weltweit verbreiten können. Doch die Hersteller der zwei erfolgreichsten COVID-19 Impfstoffe versäumen es, ihren Verpflichtungen auf dem Kontinent nachzukommen. Ende 2021 ist Liefertermin, aber die AU hat bisher von keinem der beiden Unternehmen auch nur eine einzige Dosis erhalten.
„Pfizer/BioNTech und Moderna haben ihre Monopole genutzt, um den profitabelsten Verträgen mit den reichsten Regierungen den Vorzug zu geben. Dafür lassen sie einen ganzen Kontinent im Regen stehen. Diese Unternehmen sind mit der Verantwortung, die sich aus Forschungserkenntnissen ergibt, überfordert“, kommentiert Maaza Seyoum von der Afrikanischen Allianz und der People’s Vaccine Alliance Africa.
Öffentliche Förderung…
Hinzu kommt: Die drei Konzerne haben für ihre Forschung öffentliche Mittel in Höhe von über acht Mrd. US-Dollar erhalten. Dennoch haben sie sich gegen Empfehlungen der US-Regierung und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geweigert, mit Impfstofftechnologie und Know-how die Früchte der geförderten Forschung an alle fähigen Hersteller weiterzugeben – ein Schritt, der das weltweite Angebot erhöhen, die Preise senken und Millionen Leben retten könnte.
Anna Marriott, Oxfams Expertin für Gesundheitspolitik, erläutert: „Es ist völliger Unsinn zu behaupten, dass die Erfahrung und das Fachwissen zur Entwicklung und Herstellung lebensrettender Medikamente und Impfstoffe in Ländern mit geringerem Pro-Kopf-Einkommen nicht vorhanden sind. Dies ist nur eine faule Ausrede, hinter der sich die Pharmaunternehmen verstecken, um ihre astronomischen Gewinne zu schützen.“
Jüngste Zahlen zeigen, dass nur zwei Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Bruttonationaleinkommen (BNE) vollständig geimpft sind. Das liegt auch daran, dass Moderna nur 0,2 Prozent seines gesamten Impfstoffangebots an einkommensschwache Länder geliefert hat. Pfizer/BioNTech stehen mit 0,4 Prozent nicht wesentlich besser da.
…private Gewinne
Auf der Grundlage der Jahresabschlüsse der Unternehmen schätzt die People‘s Vaccine Alliance, dass Pfizer, BioNTech und Moderna in diesem Jahr mit ihren Impfstoffen insgesamt einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 34 Milliarden Dollar erzielen werden, was 93,3 Millionen Dollar pro Tag entspricht. Die Unternehmen haben während der Pandemie fünf neue Milliardäre hervorgebracht, die zusammen derzeit über ein Nettovermögen von 35,1 Milliarden Dollar verfügen.
Die People’s Vaccine Alliance, der 80 Organisationen angehören, darunter die African Alliance, Global Justice Now, Oxfam und UNAIDS, fordert die Regierungen auf, alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Pharmaunternehmen zu bewegen, dass sie COVID-19-Daten, -Know-how und -Technologie mit dem COVID-19 Technology Access Pool der WHO und dem South Africa mRNA Technology Transfer Hub teilen.
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