Von Brasilien aus wurde das Konstrukt der sogenannten „Rassendemokratie“ in zahlreiche internationale akademische Zentren exportiert. Rassendemokratie ist die Vorstellung, dass es in dem Land eine Überwindung der Rassenkonflikte und ein harmonisches Zusammenleben zwischen Weißen, Schwarzen und Indigenen gibt. In ihrem Vortrag möchte Djamila Ribeiro aufzeigen, wie schwarze brasilianische Feministinnen sowie andere Denker*innen diese Theorie demontieren und dem Mythos der Rassendemokratie trotzen. Ein Augenmerk legt sie dabei auf die Betrachtung der „Mulata“ als soziale Gruppe sowie die theoretischen und kritischen Überlegungen in Bezug auf die Figur der Schwarzen Mutter, die tief in der Kolonialgeschichte verwurzelt ist. Ausgehend von der Konfrontation mit diesen Mythen hat der Vortrag zum Ziel, kritische Reflexionen über die historische Tradition solcher Kämpfe und die Beiträge brasilianischer Schwarzer Feministinnen hierbei anzustellen.
Djamila Ribeiro ist Intellektuelle, Schriftstellerin und Philosophin, Aktivistin für soziale Gerechtigkeit und eine der einflussreichsten Stimmen in der afro-brasilianischen Frauenrechtsbewegung. Sie hat einen Abschluss in Philosophie und einen Master in politischer Philosophie von der Bundesuniversität von São Paulo. Sie ist außerdem Gastprofessorin am Fachbereich Journalismus der Päpstlichen Katholischen Universität São Paulo und Stipendiatin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie wurde mit dem Prinz-Claus-Preis 2019 des Königreichs der Niederlande ausgezeichnet und von der BBC als eine der 100 einflussreichsten Frauen der Welt bezeichnet. Im Jahr 2020 erhielt sie den Jabuti-Preis, den wichtigsten Preis der brasilianischen Literaturwelt. 2021 war sie die erste Brasilianerin, die bei den BET Awards ausgezeichnet wurde.
Moderiert wird der Vortrag von den Sozial- und Kulturanthropolog*innen Kristina Mashimi von der Freien Universität Berlin und Kai Kresse, der neben seiner Professur an der Freien Universität stellvertretender Direktor des Leibniz-Zentrum Moderner Orient ist. Diskutantin ist Juliana Streva vom Forschungsprojekt „Beyond social cohesion – Global repertoires of living together (RePLITO)“ am Lateinamerika-Institut an der Freien Universität Berlin, gefördert von der Berlin University Alliance. In ihrer Arbeit beschäftigt sich Streva seit langem mit feministischen Positionen in Lateinamerika, Aspekten der Identitätspolitik sowie antirassistischen und dekolonialen Bewegungen.
Ziel der seit 2019 jährlich stattfindenden Berlin Southern Theory Lecture ist es, Beiträge zur Erkenntnistheorie aus dem Globalen Süden in den Vordergrund zu rücken. Die Vortragsreihe soll zu einem globalen Wissensaustausch beitragen und postkoloniale Asymmetrien aufzeigen, sodass theoretische Debatten in den Sozial- und Geisteswissenschaften an Vielfalt gewinnen. Den ersten Vortrag zum Auftakt hielt im Dezember 2019 Felwine Sarr aus Senegal im Ethnologischen Museum. 2020 sprach die indische Historikerin Prathama Banerjee vor einem großen (Online-)Publikum. Die Veranstaltung wird vom Institut für Sozial- und Kulturanthropologie der Freien Universität Berlin und dem Leibniz-Zentrum Moderner Orient in Zusammenarbeit mit dem Forschungscampus Dahlem und der Arbeitsgruppe „co2libri“ organisiert, mit Unterstützung vom Berlin Center for Global Engagement innerhalb der Berlin University Alliance.
Veranstaltung:
Myths around Brazilian Racism: a View through the Lens of Black Feminist Theory
Donnerstag, 9. Dezember 2021, 17 Uhr
Der Vortrag findet online via Webex statt.
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