Der ehemalige Anführer der Studentenproteste, Gabriel Boric, hat einen historischen Sieg errungen und ist Chiles jüngster Präsident geworden. Der 35-Jährige hat ehrgeizige Veränderungen für ein Land versprochen, das in den letzten Jahren von Massendemonstrationen gegen Ungleichheit und Korruption erschüttert wurde. Als Boric die Kandidatur seines linken Blocks für die Präsidentschaftskandidatur gewann, gab er ein kühnes Versprechen ab. „Wenn Chile die Wiege des Neoliberalismus war, wird es auch sein Grab sein. Habt keine Angst vor der Jugend, die dieses Land verändert“. Und so kandidierte er mit einem Programm, das radikale Reformen des vom ehemaligen Diktator General Augusto Pinochet eingeführten marktwirtschaftlichen Modells versprach. Ein Modell, das seiner Meinung nach die Ursache für die tiefe Ungleichheit im Land ist. Diese Ungleichgewichte traten während der Proteste im Jahr 2019 zutage, die eine offizielle Überarbeitung der Verfassung auslösten.
Nach einem polarisierenden Wahlkampf besiegte Boric seinen rechtsextremen Rivalen José Antonio Kast in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen mit überraschend großem Vorsprung und leitete damit ein neues Kapitel in der politischen Geschichte des Landes ein. „Wir sind eine Generation, die im öffentlichen Leben aufgetaucht ist und fordert, dass unsere Rechte respektiert und nicht wie Konsumgüter oder Unternehmen behandelt werden“, erklärte Boric in seiner Siegesrede vor Tausenden von Anhängern, die meisten von ihnen junge Menschen. „Wir wissen, dass es weiterhin Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit sowohl für die Reichen und für die Armen gibt und wir werden nicht länger zulassen, dass die Armen weiterhin den Preis für die Ungleichheit in Chile zahlen.“ Boric sieht sich nicht nur mit einem gespaltenen Land konfrontiert, sondern auch mit einem zersplitterten Parlament, besorgten Investoren und einer gebremsten Wirtschaft, die das Ergebnis der jüngsten politischen Umwälzungen und der Pandemie ist. Er wurde von einer großen Zahl von Frauen unterstützt, die seinen Sieg in Santiago feierten.
Boric wurde am 11. Februar 1986 in Punta Arenas im äußersten Süden Chiles geboren und vor einem Jahrzehnt bekannt, als er Massendemonstrationen für eine bessere und billigere Bildung anführte. Damals studierte er Jura an der Universität von Chile, schloss sein Studium jedoch nie ab und entschied sich stattdessen, sich auf die Politik zu konzentrieren. Im Jahr 2013 wurde er als Unabhängiger für seine Region Magallanes in den Kongress gewählt und später mit einem Erdrutschsieg für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Mit seinem Bart, seiner Tätowierung und der seltenen Tatsache, dass er keine Krawatte trug, brach Boric mit dem traditionellen Bild der Präsidentschaftskandidaten. Während des Wahlkampfs sprach er über seine Diagnose einer Zwangsstörung und sagte, es sei „gut, dass Chile über psychische Gesundheit spricht“. Kritiker halten ihn jedoch für unerfahren und er selbst räumte ein, dass er noch „viel zu lernen“ habe.
Er ist nach eigenen Angaben ein begeisterter Leser von Gedichten und Geschichte, bezeichnet sich selbst als gemäßigten Sozialisten. Die langen Haare aus seiner Zeit als Aktivist hat er abgelegt und seine Jacken verdecken jetzt oft seine Tätowierungen auf beiden Armen. Boric hat auch einige seiner Ansichten abgeschwächt, hält aber an seinen Versprechen fest, das Rentensystem zu überarbeiten, die sozialen Dienste einschließlich einer allgemeinen Krankenversicherung auszubauen, die Steuern für große Unternehmen und reiche Privatpersonen zu erhöhen und eine grünere Wirtschaft zu schaffen. Sein überwältigender Sieg in der Stichwahl der Präsidentschaftswahlen, nachdem er in der ersten Runde hinter Kast gelegen hatte, kam zustande, nachdem er sich die Unterstützung über seine Basis in der Hauptstadt Santiago hinaus gesichert und Wähler in ländlichen Gebieten angezogen hatte. Als Befürworter der gleichgeschlechtlichen Ehe und des Abtreibungsrechts wurde er auch von einer großen Zahl von Frauen unterstützt. In seiner Siegesrede, bei der er von seiner Freundin begleitet wurde, versprach er, ein „Präsident für alle Chilenen“ zu sein: „Heute hat die Hoffnung die Angst übertrumpft“.
Eine Katastrophe für Chile und die ohnehin auf wackligen Beinen stehende Demokratie in Lateinamerika!
Aber richtig widerwärtig ist die Bericherstattung der Medien, wenn jeder rechts von der Sozialdemokratie als utralkonservativ oder als zur extremen Rechten gehörig abgestempelt wird, während jeder Kommunist als progressiver Demokrat bezeichnet wird, ein absurder Widerspruch in sich! Doch genau diese Sorte haben wir ja im Bundestag sitzen, die mit Schaum vor dem Mund gegen Rechtsfaschismus wettern und Linksfaschismus leugnen. Die prägen das Weltbild unserer Medien.
Tatsache ist, Stalin, Breschnew, Mao Tse Tung… Ein jedes dieser Monster hat mehr Menschenleben auf zynische Art vernichtet, als alle Rechtsextremen der Welt zusammen. Zusammen weit über 100 Millionen, Dunkelziffer außen vor gelassen! Das soll die Greueltaten von Nazis nicht verharmlosen, nur Schwarz-Weiß-Malerei mit ein wenig Grautönen und Farbe versehen.
Tja,…. das ist leider genau so.
Auch betr. der Berichterstattung i.d. Medien.
Auch die Sorte von „blindwütigen Ideologen“ sitzt hier ganz „locker“ im BT;- leider, man will es hier offenbar so, ähnlich wie aktuell in Chile.
Fakt ist, der alternative Kandidat Kast, hat sich mit seinen fragwürdigen Sympathien für den widerlichen Schlächter Pinochet selbst ins Aus geschossen.
Auf einen Sympathisanten des grauenhaften Horrors hatten die Mehrheiten in Chile einfach und verständlicherweise keine neue Lust.
Auch i. Richtung eines Bolsonaro oder gar weitaus schlimmer Trump zu schielen ist nicht sonderlich clever, wenn man die Massen hinter sich bringen will.
Hier ständig die unstreitig unsagbaren Greuel von Rechts wie von Links gegeneinander versuchen aufzurechnen führt zu gar nichts und hilft nicht weiter, denn es bleiben abscheuliche Greuel, gleich von wem diese angezettelt werden oder wurden.
Populisten, Despoten und Antidemokraten, von Links wie von Rechts haben und werden in Lat.- Amerika nur dann und immer wieder ein Chance haben, so lange sich die Oberschicht auf unverschämte Weise weiter, gleich unter welcher Regime bedient, die Lebens- und sozialen Verhältnisse himmelschreiend ungerecht sind schließlich die elende Korruption nicht massiv eingedämmt wird/werden kann.
Bleibt abschließend zu hoffen, dass der jetzt und scheinbar ziemlich eindeutig demokratisch gewählte Amtsinhaber Boric, nicht in eine „marxistische“ oder gar Venezolanische Richtung driftet. Das wäre dann allerdings und nicht nur f. Chile ein echte Katastrophe.
Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel und die Hoffnung stirbt bekanntlich auch zuletzt.
Selbst der eher sehr „Links- liberal“ geneigte SPIEGEL schreibt: „damit (gemeint ist die Wahl v. Boric) wird der Niedergang der Demokratien in Lateinamerika nicht gestoppt“.
Das als Kommentar- Feststellung des SPIEGEL`s (traurig genug) will was heißen.
Dem Kommentar schließe ich mich l e i d e r vollumfänglich an.