Die längste Party der Welt – Karneval in Uruguay

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Die Candombe ist in Uruguay aber auch Argentinien ein Riesenspektakel (Foto: Estrella Herrera/PrensaBuenosAires/CC2.0)
Datum: 23. Dezember 2021
Uhrzeit: 10:00 Uhr
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Autor: Redaktion
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Uruguay, gelegen zwischen Argentinien, Brasilien und dem Atlantik, ist nur knapp halb so groß wie Deutschland. Die Hauptstadt Montevideo hat nur 1,3 Millionen Einwohner – doch dort geht ordentlich die Post ab. Anfang Januar drehen die uruguayischen Jecken richtig auf, und das für 40 Tage oder länger. Sie haben richtig gelesen, die längste Party der Welt dauert 40 Tage, teils sogar bis zu 50 Tage lang.

Der Karneval in Uruguays Hauptstadt Montevideo sprengt alle Dimensionen. Kein Wunder also, dass die Regierung 2007 beschloss, die Feier zu einer Sache von nationalem Interesse zu machen. Denn der Endlos-Karneval ist das Aushängeschild von Uruguay in der Welt und wirkt dabei so anziehend auf Touristen wie 30 Freispiele ohne Einzahlung auf Casino-Freunde. Glücklich ist, wer dabei sein darf!

Die Karnevals-Pilger kommen daher aus allen Teilen Uruguays und der ganzen Welt. Wer kann, verbringt die 40 Tage bei Freunden oder Verwandten. Wer niemanden in Montevideo kennt, kann trotzdem günstig nächtigen. Da die Bevölkerung nicht das Geld hat, wochenlang im Hotel zu übernachten, schläft man hier in Zelten, Autos oder Bussen – warm genug ist es ja.

Morgens geht es dann zum Wachwerden eine Runde Schwimmen im Meer, einer Portion Kürbissuppe, dann kann die Jecken-Party weitergehen. Viva Uruguay!

Heiße Rhythmen und knappe Kostüme

Uruguays Karneval ist wie ein Mix aus dem brasilianischen Karneval und dem europäischen. Sagen Sie aber niemals zu einem Uruguayer, dass deren Karneval wie der brasilianische ist!

Wir Europäer sehen hier, wie da leicht bekleidete Damen zu lateinamerikanischen Rhythmen tanzen. Die Kostüme sind in Brasilien etwas pompöser, dafür wird in Uruguay noch wilder getanzt, als im Nachbarstaat. Allerdings hat das Fest in Uruguay ganz andere Wurzeln.

Der Ursprung hinter den Traditionen

Der Ursprung und die Tradition hinter den Tänzen stammen in Uruguay aus der Zeit der spanischen Eroberer. Damals wurden Sklaven mit den Schiffen aus Afrika nach Uruguay verschleppt. In Ketten gehalten konnten sie nur in Trippelschritten tanzen. So entwickelten sie einen Tanzstil mit vielen Hüftschwüngen und schnellen, kleinen Trippelschritten. Für das ungeübte Auge wirkt das wie ein typisch lateinamerikanischer Tanz. Getanzt wird zu Musik und Trommeln sehr, sehr vielen Trommeln. Beim größten Umzug schlagen bis zu 2000 Trommeln beim sogenannten Candombe gleichzeitig.

Auch das rührt aus der Zeit der Sklaverei. Denn etwa um die Zeit von Karneval herum durften die Sklaven einmal im Jahr in Ketten durch die Stadt marschieren und mit ihren selbstgebauten Trommeln die Rhythmen ihrer afrikanischen Kultur spielen. Nachdem die Sklaverei abgeschafft wurde, entwickelte sich dann eine Mischung aus unserem Karneval und dem Trommelmarsch. Darum wird hier zusammen mit Karneval auch das Ende der Sklaverei gefeiert.

In Uruguay feiern 90% der Einwohner den Karneval

Das Volk liebt dieses Fest. Satte 90% der Gesamtbevölkerung Uruguays nehmen an den Festivitäten teil – für deutsche Verhältnisse ein Traum. Selbst Karnevalshochburgen wie Köln oder Mainz erreichen nicht so einen hohen Bevölkerungsanteil.

Allerdings können die Jecken aus Uruguay vom deutschen Karneval auch noch einiges lernen. Denn zwar wirft man hüben wie drüben mit Konfetti, Kamelle sind in Uruguay aber eher die Ausnahme, sogar bei den Major Events, den großen Umzügen.

Dafür gibt es hier eine andere schöne Tradition: Sich gegenseitig mit Schaum bespritzen. Dann haftet auch das Konfetti besser am Körper. So saut man sich schön gegenseitig ein und alle haben was zu lachen. Feucht-fröhlich und temperamentvoll, so wie man sich einen Karneval in Lateinamerika vorstellt.

40 Tage und Nächte Party – Montevideo ist das Karnevals-Mekka

Bei 40 Tagen Party ist es entschuldbar, dass unter dem Partyvolk immer nur ein paar Kostümierte sind – der Großteil trägt hier keine Kostüme. Dabei verteilt sich das Partyvolk über die ganze Stadt.

Die meisten Bilder und Videos sieht man zwar von den großen Umzügen und Paraden, doch es wird auch in der ganzen Stadt zu Hause gefeiert. Überall verteilt trifft man auf kleine Straßenbühnen, auf denen Büttenreden gehalten werden oder kleine Shows stattfinden.

Ähnlich den Straßenmusikanten findet man in allen Ecken und Gassen kleine Formationen aus Tänzern, Trommlern, Musikern und tanzwütigen Zuschauern, die auf der Straße den Karneval feiern. Eine Stadt im Freudenrausch. Wenn Sie mal dort sind, suchen Sie sich am besten ein schönes Café mit Blick auf eine Straßenparty, genießen Sie die Musik und die Stimmung oder mischen Sie sich einfach unter die Tanzenden.

Neben den Tanzpartys gibt es überall in den Straßen auch kleine Bühnen, auf denen die typisch europäischen sarkastischen Büttenreden gehalten werden. In der Regel ist es auch hier eine Mischung aus Gesang und Satire und man knöpft sich hier genauso die Politik und andere Missstände vor.

Parodie, Sarkasmus, Chorgesänge – Uruguays Karnevals-Gruppen

Dabei gibt es hier nochmal eine Unterteilung in Parodistas und in Murga-Gruppen. Parodistas sind eher Komödianten, die eine satirische Rede oder Theateraufführung halten.

Murga-Gruppen hingegen sind kleine Chöre aus etwa 15 verkleideten Sängern, die als Chor ebenfalls humoristisch die Missstände anprangern. Und das auf höchstem Niveau. Denn am Ende des Karnevals werden die besten Murga-Gruppen und die besten Parodistas gekürt.

Daher gibt es hier einen regelrechten Wettbewerb unter den Gruppen. Jede Aufführung wird nämlich bewertet, vor allem was die satirischen Qualitäten betrifft, aber auch der Gesang, die Performance, die Kostüme usw. Und jeder will bei diesem Ereignis von nationaler Tragweite zum Sieger gekürt werden. Darum feilen die Murgas und Parodistas das ganze Jahr an ihren Shows, ähnlich wie hierzulande die Jecken.

Ist Uruguay also das ultimative Land des Karnevals?

Muss man also Uruguay als das Land des Karnevals bezeichnen? Zugegeben, es gibt kein Land, das auch nur annähernd so lange am Stück feiert. Und auch in die ganzjährigen Vorbereitungen auf dieses Event sind so breite Teile der Bevölkerung involviert, dass selbst die stets gut gebräunten Brasilianer vor Neid erblassen könnten. Der erste Platz für die intensivsten Festivitäten geht also ganz klar nach Uruguay. Der Preis für die besten Kostüme oder für die schönsten Traditionen allerdings nicht.

Da gibt es noch einige andere Karnevalshochburgen, die da ein Wörtchen mitzureden hätten. Doch eins ist klar, von hier aus geht ein starker Impuls hinaus in die Welt: Jecken aller Länder, vereinigt euch, die fünfte Jahreszeit hat wieder begonnen!

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