Die Warnungen vor einem unmittelbar bevorstehenden Krieg in der Ukraine werden immer lauter. Nach Angaben von US-Geheimdiensten soll Russlands Präsident Wladimir Putin die Entscheidung getroffen haben, eine Invasion in die Ukraine zu starten. Zu den rund 130.000 Soldaten in russischen Bodentruppen, die laut US-Angaben in der Nähe der Ukraine zusammengezogen sind, kommen auch Seestreitkräfte im Schwarzen Meer. Putin soll sich demnach für einen Einmarsch entschieden haben, der noch vor Ende der Olympischen Winterspiele am 20. Februar beginnen könnte. Ungeachtet der drohenden Kriegsgefahr durch die russische Invasion hat der brasilianische Präsident Jair Messias Bolsonaro am Samstag (12.) bestätigt, dass er am kommenden Dienstag (15.) Russland besuchen wird. „Am Montag werden wir nach Russland aufbrechen (…) Ich wurde von Präsident Wladimir Putin eingeladen“, so Bolsonaro in den sozialen Medien nach einem Interview mit einem lokalen Radiosender.
Nach Ansicht mehrerer Analysten hat Washington den brasilianischen Präsidenten angesichts der latenten Kriegsgefahr in Europa unter Druck gesetzt, seine Reise abzusagen, die offiziell der Förderung der bilateralen Handelsbeziehungen dienen sollte. Während sich am Samstag die Telefongespräche zwischen den westlichen Staats- und Regierungschefs und Russland häuften, die darauf abzielten, der Diplomatie zum Durchbruch zu verhelfen, setzte Bolsonaro sein Vertrauen in Gott. „Wir beten zu Gott, dass in der Welt Frieden herrscht, zum Wohle von uns allen“. In seiner Mission, so Bolsonaro, werde er Themen von bilateralem Interesse wie Landwirtschaft, Energie und Verteidigung ansprechen. Neben dem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen wird Bolsonaro auch mit lokalen Geschäftsleuten zusammentreffen.
Mit einem Gesamtvolumen von 7,29 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 ist der russisch-brasilianische Handel bescheiden. Aber „Brasilien ist zu einem großen Teil von Düngemitteln aus Russland abhängig“, betonte Bolsonaro. Diese machen rund sechzig Prozent der brasilianischen Käufe aus Russland aus und sind für das südamerikanische Land, das weltweit ein wichtiger Agrarproduzent und -exporteur ist, von großer Bedeutung. „Wir werden auch eine Gruppe von Ministern mitbringen, um andere Themen zu besprechen, die für unsere Länder von Interesse sind, wie Energie, Verteidigung und Landwirtschaft“, fügte Bolsonaro in seinen sozialen Netzwerken hinzu, nachdem er ein Radiointerview beendet hatte, das live auf „Facebook“ gestreamt wurde.
Brasilien setzt sich in der Krise zwischen Russland und dem Westen weiterhin für einen „Dialog“ ein und war darauf bedacht, nicht Partei zu ergreifen, sondern sich bei diesem Besuch auf bilaterale Fragen zu konzentrieren. Doch insbesondere die USA befürchten, dass dies als Zeichen der Unterstützung für den russischen Präsidenten gewertet werden könnte. Das brasilianische Außenministerium feierte am Freitag den 30. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Ukraine und erinnerte in einer Pressemitteilung an die „zahlreichen hochrangigen Kontakte“ seit der „Anerkennung der Unabhängigkeit der Ukraine“ durch Brasilien im Jahr 1991.
Die USA haben am Freitag ihre Bürger aufgefordert, das ukrainische Territorium innerhalb der nächsten vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden zu verlassen, da die „eindeutige Möglichkeit“ bestehe, dass Russland die Ukraine während der Olympischen Winterspiele, die bis zum 20. Februar in Peking stattfinden, angreife.
Update, 16. Februar
Präsident Jair Messias Bolsonaro erklärte seine Solidarität mit Russland, als er am frühen Mittwochnachmittag in Moskau mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin im Kreml eintraf. Kurz zuvor hatte es sich am Morgen dem letzten von der russischen Regierung geforderten Covid-19-Test unterzogen. Putin begrüßte ihn mit einem Händedruck. In ihrer Eröffnungsrede wiesen beide Staatsoberhäupter darauf hin, dass sie eine wachsende Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern erwarten. „Wir nehmen die Beziehungen wieder auf, die in gewisser Weise durch die Coronavirus-Pandemie unterbrochen wurden“, sagte Putin. „Es ist mir eine Freude, Sie zu empfangen, Herr Präsident und ich hoffe, dass unser Treffen produktiv sein wird. Das ist sehr wichtig, denn Brasilien ist unser wichtigster Partner in der lateinamerikanischen Region. Herzlich willkommen“, erklärte Putin. Der russische Präsident erinnerte daran, dass der bilaterale Handel trotz aller pandemiebedingten Einschränkungen im vergangenen Jahr um siebenundachtzig Prozent gestiegen ist.
„Ich bin sehr glücklich und fühle mich durch diese Einladung geehrt. Wir sind solidarisch mit Russland. Wir wollen in mehreren Bereichen zusammenarbeiten, in der Verteidigung, im Öl- und Gassektor, in der Landwirtschaft,und die Treffen finden bereits statt. Ich bin sicher, dass dieser Besuch hier ein Zeichen für die Welt ist, dass wir unsere bilateralen Beziehungen stark ausbauen können“, bekräftigte Bolsonaro ohne zu sagen, an wen sich seine Solidarität richtete – zu einer Zeit, in der Russland aufgrund von Militärmanövern rund um die Ukraine Spannungen mit dem Westen ausgesetzt ist.
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