Im südamerikanischen Land Bolivien ist die ehemalige Übergangspräsidentin Jeanine Añez am Freitag (10.) zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Erste Strafgericht von La Paz verkündete sein 10-jähriges „Schuldurteil“, das in einem Frauengefängnis in La Paz verbüßt werden soll, drei Monate nach Beginn des Prozesses und fünzehn Monate nach der Untersuchungshaft. Laut Angaben der Justiz hat Añez 2019 einen Staatsstreich gegen ihren Vorgänger Evo Morales verübt und sich damit der Pflichtverletzung und verfassungswidriger Beschlüsse schuldig gemacht. In ihrem Schlussplädoyer plädierte Añez auf nicht schuldig und sagte, das Gericht habe Beweise „ausgeschlossen“, die einen Umsturz von Morales im Jahr 2019 ausschließen. „Ich habe nie nach Macht gestrebt“, sagte die ehemalige Präsidentin, die sich selbst als „politische Gefangene“ bezeichnet.
Die ehemalige Interimspräsidentin ist damit die erste Person, die für die Ereignisse, die zum Rücktritt von Evo Morales vom bolivianischen Präsidentenamt im Jahr 2019 führten, in einem Prozess vor einem ordentlichen Gericht verurteilt wurde, der für sie ein „Erbe der Schande, des Missbrauchs und der politischen Verfolgung“ darstellt. Añez musste sich dem Prozess von dem Gefängnis aus stellen, in dem sie seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt, weil nach Ansicht der Behörden „Fluchtgefahr“ bestand und obwohl ihre Verteidigung die physische Anwesenheit der ehemaligen Präsidentin im Gerichtssaal forderte, in dem der Prozess stattfand. In ihrer letzten Erklärung an diesem Freitag beanstandete Áñez, dass ihr ein „ordnungsgemäßes Verfahren“ verweigert worden sei, dass ihr Verbrechen vorgeworfen würden, „die sie nicht begangen hat“, dass sie sich nicht in Freiheit verteidigen dürfe und dass das Gericht nicht befugt sei, ihr den Prozess zu machen, da sie als Ex-Präsidentin wegen ihrer Verantwortung hätte vor Gericht gestellt werden müssen, was ihr ebenfalls verweigert worden sei.
Die ehemalige Interimspräsidentin litt während des gesamten Prozesses, der im April dieses Jahres eingeleitet wurde und aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme und einiger von ihrer Verteidigung eingereichter Beschwerden über die Verfahren des zuständigen Gerichts mindestens zweimal verschoben wurde, unter verschiedenen gesundheitlichen Problemen. Der „Leidensweg“ von Áñez begann am 13. März 2021, als sie in ihrem Heimatort Beni in einer Operation unter der Leitung des Generalkommandanten der bolivianischen Polizei, Jhonny Aguilera und mehrerer Beamter der Staatsanwaltschaft verhaftet und anschließend in einem Militärflugzeug unter schwerer Polizeibewachung nach La Paz gebracht wurde. Zunächst leitete die Justiz ein Verfahren gegen sie wegen Aufwiegelung, Terrorismus und Verschwörung im Zusammenhang mit der Krise nach den Wahlen von 2019 ein, die zum Rücktritt des damaligen Präsidenten Evo Morales führte, was für die Regierungspartei ein „Staatsstreich“ war. Dieser Fall führte zu dem Prozess „Golpe de Estado II“, für den sie nun verurteilt wurde.
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