Die lange Schlange vor dem ersten IKEA Einrichtungshaus in Südamerika, in Santiago de Chile, ist seit der Eröffnung am Mittwoch (10.) ungebrochen. Zahlreiche Chilenen nahmen eine Anreise von mehreren Stunden auf sich, um Dekorationsartikel der schwedischen Marke zu kaufen. In den frühen Morgenstunden beträgt die Wartezeit bis zum Einlass in das mehr als 15.300 Meter große Einkaufszentrum Open Kennedy in der Gemeinde Las Condes, einer der reichsten Chiles, mindestens vierzig Minuten. Das Phänomen rund um IKEA ist angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der sich das Land befindet, „seltsam“, meint der Soziologe Octavio Alvarado. Die Inflation liegt bei 12,5 Prozent pro Jahr und die Wahrscheinlichkeit, dass Chile in diesem Jahr in eine Rezession gerät, beträgt 61 Prozent, so der jüngste Bericht des Lateinamerikanischen Zentrums für Wirtschafts- und Sozialpolitik der Pontificia Universidad Católica de Chile (Clapes UC). „Es ist die Folge eines Konsummusters, das bereits in der Bevölkerung verankert ist“, erklärt der Wissenschaftler von der Universität Chile, „das sich als Folge des Neoliberalismus etabliert hat. Es ist eine eher konsumorientierte und individualistische Kultur“, fügt er hinzu.
Am Eröffnungstag begrüßte IKEA mehr als 7.500 Kunden und am Donnerstag rund 8.900, so die Zahlen des Konzerns, der mehr als vierhundert Geschäfte in füfzig Märkten auf der ganzen Welt hat. „Ich war noch nie drin, aber es hat den Ruf, billig zu sein. Die Zeiten sind hart, aber man muss trotzdem etwas kaufen. Ich bin mit meinem Freund zusammengezogen und uns fehlt es an Dingen für das Haus. Wir können nicht auf dem Boden essen“, erklärt Clara Rozas, eine 26-jährige Krankenschwester. Einer derjenigen, die dafür zuständig sind, potenzielle Kunden von der Straße oder vom Parkplatz zum Geschäft zu leiten, sagt, der „Wahnsinn“ habe am Freitagnachmittag begonnen. Dieses Wochenende ist ein dreitägiges Wochenende in Chile, da der Montag ein Feiertag ist. Die meisten Kunden sind keine Nachbarn des Einkaufszentrums. Einige reisten aus anderen Regionen an, andere fuhren eine Stunde mit dem Bus zu dem Einkaufszentrum, das in einem Gebiet liegt, in dem es keine nahegelegene U-Bahn-Station gibt. Um so viele Menschen wie möglich zu erreichen, hat IKEA beschlossen, die ersten Läden an zwei strategischen Punkten der Stadt einzurichten: im Open Kennedy und im Einkaufszentrum Plaza Oeste de Cerillos, einem Mittelklasse-Viertel von Santiago. Letzteres wird 25.000 Quadratmeter groß sein und soll „in den nächsten Monaten“ eingeweiht werden.
Neben dem Eingang zu IKEA befindet sich das Bekleidungsgeschäft von H&M. Dort gibt es keine Warteschlange, nicht einmal, um die Umkleidekabine zu betreten. Doch als die schwedische Marke 2013 in Chile landete, genauer gesagt im Costanera Center, dem größten Einkaufszentrum Lateinamerikas, wurde auch der Wahnsinn ausgelöst. Es gab Gruppen, die in der Nacht vor der Einweihung eine Mahnwache abhielten und aufgrund des Drucks der Verbraucher wurden die Türen früher als geplant geöffnet.
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