Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hat am Donnerstag (6.) die Märkte verunsichert. Nachdem Petro die Einführung einer vorübergehenden Steuer vorgeschlagen hatte, um spekulative Kapitalabflüsse zu verhindern und die jüngste Zinserhöhung der Zentralbank in Frage stellte, gab der Peso gegenüber dem US-Dollar nach. Die kolumbianische Währung schloss am Donnerstag mit einem Minus von 0,68 Prozent bei 4.613,50 zum US-Dollar, nachdem er am Vortag um 1,89 Prozent gefallen war. Die Landeswährung hat in diesem Jahr bisher um 14,26 Prozent an Wert verloren. Analysten führten die Entwicklung der Währung auf Äußerungen vom Mittwoch zurück, in denen Petro auf „Twitter“ die Entscheidung der Zentralbank von vor einer Woche in Frage stellte, den Zinssatz um 100 Basispunkte auf 10 Prozent zu erhöhen, den höchsten Stand seit Juli 2008. Die Äußerungen von Petro, einem 62-jährigen Wirtschaftswissenschaftler, der im August als erster linksgerichteter Präsident in der Geschichte Kolumbiens sein Amt antrat, erfolgten, nachdem das nationale Statistikamt am Mittwoch bekannt gegeben hatte, dass die Inflation im September 0,93 Prozent betrug und damit über den Markterwartungen lag, so dass die kumulierte Jahresrate bei 11,44 Prozent liegt.
„Die Lebensmittelpreise treiben die Inflation in Kolumbien weiter an, diesmal weniger wegen der internationalen Inflation, sondern mehr wegen der Überschwemmungen. Hilft es, den Zinssatz zu erhöhen, um die Inflation einzudämmen: Nein“, so das Staatsoberhapt auf „Twitter“. Petro argumentierte, dass die Entscheidung die weltweite Rezession nur auf die kolumbianische Wirtschaft übertragen und das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung beeinträchtigen werde. Er schlug auch eine vorübergehende Steuer auf Kapital, das aus Kolumbien ins Ausland fließt, vor.
„Die eigentliche Absicht, die inländischen Zinssätze zu erhöhen, hat im Gegensatz zu unserem Vorschlag mit der Vermeidung von Kapitalabflüssen aufgrund des Anstiegs der Zinssätze in den Vereinigten Staaten zu tun. Das ließe sich mit einer befristeten Steuer auf Überweisungen vermeiden, um Kapital zu schlucken“, versicherte Petro. Zudem kündigte er an, dass seine Regierung ihre Anti-Inflationspolitik mit strukturellen Maßnahmen wie einer Steuerreform für große Vermögen, Düngemittelsubventionen, einer Agrarreform, Nahrungsmitteln für Armenviertel und einer Änderung der Energietarifformel vertiefen werde.
Mindestens fünf ehemalige Finanzminister stellten die Äußerungen Petros in Frage und erklärten, sie würden den Markt und die Anleger verunsichern. „Das sorgt für Erstaunen und Verwirrung auf den Märkten“, so der ehemalige Finanzminister Juan Camilo Restrepo. „Ein Präsident, der die Bank der Republik auf diese Weise in Frage stellt, kommt auf den Märkten nicht gut an, weil er damit die Glaubwürdigkeit der wirtschaftlichen Institutionen des Landes untergräbt“. Nach der Anhebung in der vergangenen Woche räumte der Vorstand der Zentralbank ein, dass in den kommenden Monaten weitere Zinserhöhungen erforderlich sein könnten, um die Inflation wieder auf das Jahresziel von 3,0 Prozent zu bringen.
Der ehemalige Finanzminister Juan Carlos Echeverry bekräftigte, dass das einzige Mittel zur Bekämpfung der Inflation im derzeitigen internationalen Umfeld eine Anhebung der Zinssätze sei. „Lassen Sie die Banco de la República tun, was sie tut, alle Zentralbanken erhöhen die Zinssätze, um die Inflation zu senken. Das ist auf kurze Sicht schmerzhaft, aber das ist das Rezept“. Der Analyst und Gründer von „Colombia Risk Analysis“, Sergio Guzmán, betonte, dass Petro zwar erst im zweiten Jahr seiner Amtszeit die Zusammensetzung des Zentralbankvorstands ändern kann, seine Äußerungen aber ein gewisses politisches Risiko in Bezug auf seine künftigen Entscheidungen darstellen.
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