Immer größere Schere zwischen Arm und Reich

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Gemeinsam erforscht ein internationales Team aus Politik-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler*innen in Südafrika, Brasilien, Deutschland und Großbritannien in den nächsten vier Jahren, welche politischen Mechanismen der Reproduktion von Reichtum zugrunde liegen (Foto: AlexProimos)
Datum: 05. Mai 2023
Uhrzeit: 11:05 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
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Die Entwicklung von Spitzeneinkommen hängt eng mit politischen Entscheidungen wie etwa der Steuergesetzgebung zusammen. Und die politischen Entscheidungen treffen wiederum Menschen, die über mehr Reichtum und Privilegien verfügen als der Durchschnitt ihrer Wählerschaft. An diese Beobachtung knüpfen Miquel Pellicer und Eva Wegner die Forschungsfrage an, ob Politiker*innen tatsächlich die Interessen wohlhabender Eliten – zu denen sie selbst gehören – besser vertreten als andere und damit die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnen. Prof. Dr. Miquel Pellicer vom Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg und Prof. Dr. Eva Wegner vom Institut für Politikwissenschaft haben ein internationales Forschungsprojekt mit dem Titel „Politicians, Policies, and the Reproduction of Wealth“ konzipiert, das die VolkswagenStiftung mit 1,6 Millionen Euro fördert.

Gemeinsam erforscht ein internationales Team aus Politik-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler*innen in Südafrika, Brasilien, Deutschland und Großbritannien in den nächsten vier Jahren, welche politischen Mechanismen der Reproduktion von Reichtum zugrunde liegen. Sie untersuchen dafür in allen vier Ländern, wie weit die sozialen und wirtschaftlichen Merkmale von Abgeordneten mit denen der wirtschaftlichen Eliten übereinstimmen und wie sich das auf die Politikgestaltung sowie die Einkommen der Wohlhabenden auswirkt. „Während in vielen demokratischen Ländern das Vertrauen in Politiker*innen kontinuierlich sinkt, geht unser Forschungsprojekt einer möglichen Ursache auf den Grund. Es liefert Instrumente und empirische Daten, die es der Öffentlichkeit ermöglichen, Politiker*innen zur Verantwortung zu ziehen oder auch das Vertrauen in sie zu stärken“, erläutert Miquel Pellicer.

„Das Projekt stärkt die exzellente Forschung der Philipps-Universität im Themenfeld Sicherheit, Ordnung und Konflikt. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Wissenschaft gesellschaftliche und politische Entwicklungen untersucht und so dazu beiträgt, dass wir die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten können“, betont der Vizepräsident für Forschung, Prof. Dr. Gert Bange.

Das Projekt verfolgt zwei empirische Ansätze: Zum einen werden die Merkmale von Wirtschafts-und Finanzminister*innen in 50 demokratischen Ländern sowie die vermögensrelevanten politischen Entscheidungen im Zeitraum von 2005 bis 2020 erhoben und analysiert. Zum anderen werden in Fallstudien zu den vier ausgewählten Ländern vertiefende Daten analysiert: die sozial-ökonomischen Merkmale von Abgeordneten, ihr Einfluss auf politische Entscheidungen und deren Auswirkungen auf die Spitzeneinkommen.

Brasilien, Deutschland, Südafrika und das Vereinigte Königreich sind sehr unterschiedliche Länder in Bezug auf Ungleichheit, politisches System und Gesellschaft. Trotzdem besteht in allen Ländern Besorgnis wegen der immer größeren Schere zwischen Arm und Reich und der fehlenden Repräsentation weniger privilegierter Gruppen. „Politiker*innen können dieses Ungleichgewicht entweder durch Umverteilung verringern oder durch Steuerpolitik, die Reiche bevorzugt, vergrößern. Bislang deutet die internationale Forschung eher auf Letzteres“, sagt Eva Wegner und macht deutlich: „Unsere Forschung ist die erste, die diesen Zusammenhang zwischen sozialen und wirtschaftlichen Merkmalen der Politiker*innen und Ungleichheit systematisch und international vergleichend untersucht“.

Mit der Förderinitiative „Perspektiven auf Reichtum“ will die VolkswagenStiftung einen Perspektivwechsel von der Armutsforschung hin zu Facetten rund um das Phänomen Reichtum initiieren. Da extrem ungleiche Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine wiederkehrende Quelle von Konflikten sind und Entwicklung behindern, gilt die wissenschaftliche Erforschung des Phänomens Reichtum als ein zentrales Element zum Verständnis gesellschaftlicher Transformationsprozesse.

Miquel Pellicer ist Professor für Ungleichheit und Armut am Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg. Eva Wegner ist Professorin für Vergleichende Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg. Beide forschen zu den Themenfeldern politisches Verhalten, Ungleichheit und Verteilungspolitik.

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