Das Oberste Wahlgericht Brasiliens (TSE) hat am Dienstag (31. Oktober) den ehemaligen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro erneut für unwählbar erklärt, weil er „Machtmissbrauch“ begangen hat, indem er die Feierlichkeiten zur Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit am 7. September 2022 für Wahlzwecke nutzte.
Bolsonaro war bereits im vergangenen Juni für acht Jahre für unwählbar erklärt worden, nachdem er vom selben Gericht des Machtmissbrauchs beschuldigt worden war, weil er vor ausländischen Botschaftern während eines Treffens in der offiziellen Residenz ohne Beweise die Zuverlässigkeit des Wahlsystems in Frage gestellt hatte.
Mit einer Mehrheit von fünf zu zwei Stimmen verurteilten die TSE-Richter Bolsonaro nun erneut zu acht Jahren Unwählbarkeit, da er die Veranstaltungen zum Nationalfeiertag in Brasilia und Rio de Janeiro für seine Wiederwahlkampagne genutzt habe. Obwohl die Entscheidung keine praktischen Auswirkungen für den ehemaligen Präsidenten hat, der bereits von der Teilnahme an den Wahlen im Jahr 2030 ausgeschlossen ist, verhängte das TSE außerdem eine Geldstrafe von 425.000 Reais (etwa 85.000 USD) gegen ihn. Das TSE erklärte auch Bolsonaros damaligen Vizepräsidentschaftskandidaten, den Reservegeneral Walter Braga Netto, für nicht wählbar, der ebenfalls rund 212.000 Reais (ca. 42.400 USD) zahlen muss. Richter Alexandre de Moraes stellte in der auf dem Gerichtskanal übertragenen Sitzung fest, dass es „handfeste Beweise für Machtmissbrauch“ seitens Bolsonaro und Braga Netto gibt.
Am 7. September letzten Jahres nahm Bolsonaro am Morgen an einer feierlichen zivil-militärischen Parade in der Hauptstadt teil und erklärte seinen Anhängern, dass die Linke nicht an die Macht zurückkehren werde. Stunden später führte er in Rio de Janeiro einen seiner üblichen Motorradkorsos mit Anhängern an, bevor er zum berühmten Copacabana-Strand fuhr. Dort, wo sonst Pro-Bolsonaro-Demonstrationen stattfanden, verlegte der Präsident die Militärparade, die traditionell im Stadtzentrum stattfindet. Auf der Veranstaltung sagte er vor Zehntausenden von Anhängern, in Brasilien gebe es einen „Kampf des Guten gegen das Böse“, wobei er auf seinen Gegner Luiz Inácio Lula da Silva anspielte, der ihn schließlich bei den Wahlen knapp besiegte.
Bolsonaro sieht sich auch mit einer Anklage konfrontiert, die von einer Kommission des brasilianischen Kongresses wegen des von seinen Anhängern am 8. Januar in Brasilia inszenierten Aufstandes gegen die Behörden an die Gerichte weitergeleitet wurde. Gegen ihn wird auch vom Obersten Bundesgerichtshof wegen angeblicher Anstiftung zum Aufstand ermittelt.
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