Gewalt in Rio de Janeiro: Bewohner der Copacabana bilden illegale Bürgerwehren

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In der letzten Silvesternacht begrüßten drei Millionen Menschen das Jahr 2023 am Strand der Copacabana (Foto: RioTour)
Datum: 16. Dezember 2023
Uhrzeit: 11:12 Uhr
Ressorts: Brasilien, Panorama
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Redaktion
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Die Zunahme von Raubüberfällen und Diebstählen in Rio de Janeiros malerischer Touristenenklave Copacabana hat zur Gründung von Bürgerwehrgruppen geführt, die auf den Straßen patrouillieren und außerhalb des Gesetzes agieren. In den letzten zehn Tagen kursieren in den sozialen Medien Nachrichten, in denen die Anwohner aufgefordert werden, sich Gruppen anzuschließen, die in den Straßen patrouillieren. Die Gründung der Bürgerwehren folgt auf die Empörung über Videos, die zeigen, wie lokale Banden Touristen, Händler und Einheimische an der Copacabana ausrauben. Am 2. Dezember zeichneten Überwachungskameras auf, wie ein 67-jähriger Mann von einem Kriminellen gewaltsam angegriffen wurde, der ihn mit einem Schlag bewusstlos schlug. Anschließend wurden ihm sein Mobiltelefon und persönliche Gegenstände abgenommen. Am selben Tag wurden zwei weitere Übergriffe von Überwachungskameras aufgezeichnet. In einem Video wird eine Frau von einem Räuber gewaltsam am Hals gepackt. Als sie versucht, sich zu befreien, entreißt ihr der Dieb etwas, das aussieht wie eine Halskette, und rennt davon. Im nächsten Video wird eine junge Frau von einem hemdlosen Mann mit einer hellen Kappe angesprochen. Er versucht, einen Gegenstand vom Handgelenk der Frau zu entfernen, wobei er sogar seine Zähne einsetzt. Die Frau steht schockiert im Bild und ist vor Angst wie gelähmt, während der Räuber davonläuft und sich dem Rest seiner umherziehenden Straßenbande anschließt.

Aus den Daten des Instituts für öffentliche Sicherheit von Rio de Janeiro geht hervor, dass die Zahl der Diebstähle im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 um 23 % gestiegen ist, während die Zahl der Raubüberfälle im gleichen Zeitraum um 25 % zunahm. Infolge des Anstiegs der Kriminalität begannen Bürgerwehren, an der Copacabana und in den umliegenden Stadtvierteln auf die Straße zu gehen. Diese Art von Selbstjustiz kann in Brasilien jedoch als Verbrechen betrachtet werden, da die Verfassung des Landes besagt, dass die öffentliche Sicherheit ausschließlich von der Polizei wahrgenommen werden sollte. Die Behörden haben bereits erklärt, dass sie gegen die Bürgerwehren ermitteln. Das hat die Selbstjustizler jedoch nicht abgeschreckt. In den sozialen Medien verbreiten die Mitglieder Videos und Bilder von ihrem aggressiven Vorgehen gegen Diebe. Bewaffnet mit Holzknüppeln, Eisenstangen und sogar Schlagringen gehen sie in Gruppen von 10 oder 15 Männern auf die Straße und suchen die Konfrontation.

In einem Interview mit einem lokalen Fernsehsender sagte der Sekretär für öffentliche Sicherheit von Rio de Janeiro, Victor Santos, dass es sich bei den Bürgerwehren auch um Kriminelle handele und verglich ihr Vorgehen mit „Ausrottungsgruppen“. Nach der Anschlagswelle an der Copacabana kündigte die Polizeiführung von Rio de Janeiro am 7. Dezember an, dass die Patrouillen an der Copacabana verstärkt werden und mehr Sicherheitskräfte in dem Gebiet arbeiten werden, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Situation ist besonders peinlich und besorgniserregend für die Behörden von Rio de Janeiro, die das Image der Stadt zu diesem Zeitpunkt nicht beschädigt sehen wollen. In den kommenden Tagen werden Touristen aus der ganzen Welt in Rio erwartet, um die Feierlichkeiten zum Jahresende zu genießen. In der letzten Silvesternacht begrüßten drei Millionen Menschen das Jahr 2023 am Strand der Copacabana. Die Stadt möchte auf keinen Fall, dass umherziehende Räuberbanden und Bürgerwehren die Touristen abschrecken und die Feierlichkeiten ruinieren.

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  1. 1
    Paddy7

    Ich war selbst in der Copacabana ausgeraubt worden. Obwohl wir wussten, dass es Abends bereits gefährlich werden könnte, hatten wir nicht damit gerechnet. Sie kommen immer von hinten und überraschen als Gruppe. Leider geht man davon aus, dass sie bewaffnet seien, aber dem ist nicht so.
    Sie sind nur sehr flink auf ihren Flip Flops und bei einer Kontrolle haben sie nichts mehr dabei, als ihre Shorts. Tastache ist, dass auch Opfer verletzt werden und es gefährliche Räuber gibt, die auch mit Messern zustechen. Die meisten aber, sind Jugendliche, die von den No-Go Areas der Favelas hinunter kommen und schon von klein auf gezwungen wurden, ihrem Patron Essen zu besorgen, vorallem McDonalds. Sie wissen ganz genau, was sie bestellen sollen, wenn der Spender kein Geld, sonder Essen spenden will. Sie sprechen in verschlissenen Kleidern geziehlt Frauen mit „Tia“ an und klagen sie hätten Hunger. Die Tante meint sie sei clever und zahlt Essen. Sie wollen aber nur das eine Menu vom Mac. Diese Kinder werden grösser und es sind die gleichen Jugendliche, die nie eine Perspektive erhielten, ein Job zu lernen oder zu studieren. So schlendern sie spontan durch die Stadt und rauben Leute aus. Die Polizei weiss ganz genau, wer diese „Kinder“ sind. Sie jagen ihnen auch nicht hinterher. Das Problem in der Copacabana ist, dass es viele Wiederholungstäter hat, die weiter ihrem Drogensumpf und Diebstahl nachgehen. Die Bürgerwehr ist daher eine logische Konsequenz, da sie der Polizei „Nichtstun“ vorwerfen und nicht mal unrecht damit haben.
    Das eigentliche Problem sind nicht die Banden selbst, sondern die Aussichtslosigkeit der Jugendlichen auf Ausbildung und geregeltes Einkommen. Das Problem liegt also nicht auf der Strasse, sondern ganz oben.
    Meiner Meinung nach, sollte man sehr wohl den Jugendlichen etwas Angst einflössen und zeigen, dass man nicht alles mit sich machen lässt.
    Aber das sollte sich auf Selbstverteidigung einschränken und nicht auf das Niveau absinken lassen und in Gruppen durch die Strassenziehen.
    Ich werde auf jedenfall die Copacabana erst wieder besuchen, wenn ich eine Ju.Juitsu Ausbildung habe und werde niemehr Flip Flops ausserhalb vom Strand anziehen.

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