Die Karwoche ist in den Ländern Mittelamerikas und der Dominikanischen Republik eine der wichtigsten Zeiten des Jahres. Die traditionellen katholischen Feierlichkeiten sind mit volkstümlichen Bräuchen vermischt und machen das Osterfest hier besonders farbenfroh und fröhlich. Ein gutes Beispiel dafür sind die aufwändig aus Blütenblättern, farbigem Sägemehl und mineralischem Farbpulver gestalteten Teppiche, die es in fast allen mittelamerikanischen Ländern gibt. Diese Kunstwerke bedecken die Straßen mit lebhaften religiösen Mustern und Motiven – und sind doch vergänglich. Die religiösen Prozessionen der Karwoche in Mittelamerika sind nicht nur beeindruckend anzusehen, es duftet auch nach Weihrauch, Corozo (ein Palmensamen, der auch als pflanzliches Elfenbein bekannt ist), Kopal (ein aromatisches Harz) und Myrrhe. Außerdem werden zur Semana Santa zahlreiche traditionelle Gerichte zubereitet.
Die Karwoche in Guatemala wurde am 26. Februar 2023 sogar zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Besonders sehenswert sind die Feierlichkeiten in der Kolonialstadt Antigua Guatemala mit der Prozession von „Nuestra Señora de la Merced“ und in Santa Catalina de Bobadilla mit der Prozession von „Jesus Nazareno“. Die Stadt Granada in Nicaragua liegt direkt am Cocibolca See, dem größten See Mittelamerikas. Auf den kleinen Inseln des Sees findet der weltweit einzige Kreuzweg auf dem Wasser statt: Dutzende von Booten prozessieren an insgesamt vierzehn Anlegestellen vorbei, die jeweils eine der Stationen der Kreuzigung Jesu darstellen. In der indigenen Gemeinde Subtiaba in der Stadt León in Nicaragua finden sich die Menschen früh am Morgen bei den „Calles de las Alfombras“ ein, um einheimischen Künstlern bei der Herstellung von mehr als 40 Teppichen aus Blumen, Sand und buntem Sägemehl zuzusehen. Diese Teppiche ebnen den Weg für die Prozession des „Santo Entierro“, eine symbolische Darstellung des Begräbnisses Jesu. Ähnliche Prosessionen finden sich in Comayagua in Honduras, in Sonsonate in El Salvador und in Benque Viejo del Carmen in Belize.
In El Salvador wird seit mehr als einem Jahrhundert jeden Ostermontag der traditionelle Auftritt der „Talcigüines“ gefeiert. Dieser Begriff lässt sich mit „teuflische Männer“ übersetzen und meint in rote Tuniken und Kapuzen gekleidete Menschen, die durch die Straßen von Texistepeque in Santa Ana ziehen. Sie haben Lederseile dabei, mit denen sie die Umstehenden „auspeitschen“. Ursprünglich glaubte man, dass jeder Peitschenhieb eine Sünde tilgt… Während der Osterfeiertage in Belize steht der Sport im Mittelpunkt: Ein mittlerweile kultiges Radrennen findet dort an jedem Karsamstag seit 1928 statt. Die anspruchsvolle Strecke, an der auch Amateure teilnehmen können, führt über 230 Kilometer von Belize City nach San Ignacio und zurück. Ein weiteres sportliches Oster-Highlight ist das Castleton-Derby Pferderennen, das in Burrell Boom stattfindet. Es ist ausschließlich professionellen Jockeys vorbehalten und zieht jedes Jahr Tausende von Zuschauern an.
Typische Oster-Gerichte in Mittelamerika
Es ist eine katholische Tradition, zu Ostern auf Fleisch zu verzichten. So hat sich in Mittelamerika eine reichhaltige und abwechslungsreiche Osterküche entwickelt, in der Fisch, Meeresfrüchte und Gemüse dominieren. Süßigkeiten spielen natürlich ebenfalls eine wichtige Rolle – vor allem weil zu dieser Jahreszeit verschiedene Früchte der Saison reifen, wie Johannisbeeren, Tamarinden, Papayas, Kokosnüsse, „Jocotes“ (Rote Mombinpflaumen) und Mangos. Daraus werden köstliche Desserts, Sirup und Marmeladen gezaubert. Ein typisches Osterdessert in allen mittelamerikanischen Ländern sind die berühmten „Torrejas“. Dafür wird altes Brot oder gerösteter Reis in eine Mischung aus Milch, Eiern und Zimt getaucht und goldgelb gebraten. Vor dem Essen übergießt man sie mit „Panela“ (Zuckerrohrsaft). Dazu trinkt man typischerweise ein Glas „Chilate“, einem warmen Getränk aus geröstetem Mais und Kakao, gewürzt mit Chili, Anis, Ingwer oder Zimt. In der Dominikanischen Republik werden in der Karwoche verschiedene typische Gerichte zubereitet. So serviert man etwa Kabeljau mit Süßkartoffeln, Reis mit Kokosnuss und verschiedene Fischgerichte. Besonders beliebt ist das Dessert „Habichuelas con dulce“ aus Bohnen, Süßkartoffeln, Kondensmilch, Kokosmilch, Zimt und anderen Gewürzen.
Fronleichnam in Panama
In Panama-Stadt ist vor allem das Fronleichnamsfest zu nennen, das die UNESCO 2021 zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt hat. Hier vermischen sich insbesondere die Liturgie der katholischen Kirche mit den volkstümlichen Traditionen. Es gibt besondere Theateraufführungen, Musik und Tänze, bei denen sich die Teilnehmer maskiert sind und bunte Kostüme tragen. Die Prozession mit Tanz und Musik sind der Höhepunkt der Feierlichkeiten. Vor allem zu religiösen Festtagen trifft man sich in Panama in La Trinidad, in der ein Granadillo-Baum steht, der nach volkstümlicher Überlieferung heilende Eigenschaften besitzt und sogar als wundertätig gilt. Hunderte von Menschen versammeln sich hier, um Blumen zu pflücken, Kerzen anzuzünden und Gebete zu sprechen.
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