Der südamerikanische Lungenfisch ist eine außergewöhnliche Kreatur – in gewisser Weise ein lebendes Fossil. Er lebt in langsam fließenden und stehenden Gewässern in Brasilien, Argentinien, Peru, Kolumbien, Venezuela, Französisch-Guayana und Paraguay. Er ist der nächste lebende Verwandte der ersten Landwirbeltiere und ähnelt seinen ursprünglichen Vorfahren, die mehr als 400 Millionen Jahre zurückliegen. Diese Süßwasserart mit dem Namen Lepidosiren paradoxa hat noch eine weitere Besonderheit: Sie verfügt über das größte Genom – die gesamte genetische Information eines Organismus – aller Tiere auf der Erde. Wissenschaftler haben nun sein Genom sequenziert und festgestellt, dass es etwa 30 Mal so groß ist wie der genetische Bauplan des Menschen.
Der Maßstab für die Größe des Genoms war die Anzahl der Basenpaare, der Grundeinheiten der DNA, in den Zellkernen eines Organismus. Würde man die DNA in jeder Zelle dieses Lungenfisches wie ein Garnknäuel aufspannen, so würde sie fast 60 Meter lang sein. Das menschliche Genom hätte eine Länge von nur 2 Metern. „Unsere Analysen haben gezeigt, dass das Genom des südamerikanischen Lungenfisches in den letzten 100 Millionen Jahren massiv gewachsen ist, und zwar um das Äquivalent eines menschlichen Genoms alle 10 Millionen Jahre“, sagt der Evolutionsbiologe Igor Schneider von der Louisiana State University, einer der Autoren der Studie, die diese Woche in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde.
Tatsächlich sind 18 der 19 Chromosomen des südamerikanischen Lungenfisches – die fadenförmigen Strukturen, die die Erbinformationen eines Organismus tragen – jedes für sich größer als das gesamte menschliche Genom, so Schneider. Es gibt aber auch Pflanzen, deren Genom noch größer ist. Der aktuelle Rekordhalter ist eine Gabelfarnart namens Tmesipteris oblanceolata im französischen Überseegebiet Neukaledonien im Pazifik. Sein Genom ist mehr als 50 Mal so groß wie das menschliche Genom. Bisher war das größte bekannte Tiergenom das eines anderen Lungenfisches, des australischen Lungenfisches Neoceratodus forsteri. Das Genom des südamerikanischen Lungenfischs war mehr als doppelt so groß. Die vier anderen Lungenfischarten der Welt leben in Afrika und haben ebenfalls große Genome.
Die Genome der Lungenfische bestehen zum größten Teil aus sich wiederholenden Elementen – etwa 90 % des Genoms. Die Forscher erklärten, dass die massive Genomexpansion, die bei den Lungenfischgenomen dokumentiert wurde, offenbar damit zusammenhängt, dass bei diesen Arten ein Mechanismus reduziert wurde, der normalerweise solche genomischen Wiederholungen unterdrückt.
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