Brasilien könnte wegen des Kaufs von Düngemitteln aus Russland, seinem Hauptlieferanten, mit neuen Zöllen der Vereinigten Staaten belegt werden. Chemische Düngemittel dienen als eine Art Dünger, der zur Vorbereitung und Stimulierung des Bodens für die Bepflanzung verwendet wird. US-Präsident Donald Trump hat am Mittwoch (6.) zusätzliche Zölle gegen Indien verhängt, weil es Öl aus Russland kauft. Seiner Meinung nach trägt dies „zur Aufrechterhaltung des Krieges gegen die Ukraine“ bei. Mit dem neuen Zoll steigt der Gesamtzollsatz für Indien auf 50 % – damit liegt es gleichauf mit Brasilien und gehört zu den Ländern, die von Trump am stärksten besteuert werden. Ebenfalls am Mittwoch erklärte Trump, dass weitere Zölle verhängt werden könnten. Sollte Brasilien von ähnlichen Maßnahmen betroffen sein, könnte dies laut dem Berater Carlos Cogo Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion in Brasilien haben und zu höheren Kosten für Landwirte und Verbraucher führen. Dem Experten zufolge macht die Importabhängigkeit Brasiliens das Land „anfällig” für solche Erhöhungen.
Auf dem Düngemittelmarkt gibt es drei besonders wichtige Rohstoffe, die zusammen NPK (NPK ist ein Akronym, das die drei Hauptnährstoffe für Pflanzen darstellt: Stickstoff (N), Phosphor (P) und Kalium (K). Diese Elemente sind für das gesunde Wachstum und die Entwicklung von Pflanzen unerlässlich und sind häufig in Düngemitteln enthalten) bilden, erklärt Cicero Lima, Professor an der Fundação Getúlio Vargas (FGV AGRO). Diese sind:
Stickstoff (N), den Brasilien zu 95 % importiert;
Phosphat (P), das zu 75 % im Ausland gekauft wird;
und Kalium (K), das zu 91 % aus dem Ausland stammt.
Cogo nennt die Hauptgründe für diese Abhängigkeit. Rohstoffmangel: Im Land gibt es keine großen Vorkommen von Komponenten, die für die Herstellung von Düngemitteln unerlässlich sind, insbesondere Stickstoff und Kalium. Kalium beispielsweise kommt vor allem in Ländern wie Kanada, Russland und Weißrussland vor, die den Weltmarkt dominieren. Die heimische Stickstoffindustrie ist hingegen klein, da für die Produktion billiges Erdgas benötigt wird. Dadurch verliert sie gegenüber Ländern wie den USA, Russland und Katar an Wettbewerbsfähigkeit. Im Falle von Phosphat sind die Reserven von minderer Qualität und teurer in der Gewinnung. Hohe Nachfrage: Die nationale Produktion kann den gesamten Düngemittelbedarf der brasilianischen Landwirtschaft nicht decken. Obwohl Brasilien ein großer Lebensmittelproduzent ist, sind seine Böden nährstoffarm. Daher sind häufige Düngungen erforderlich, um die Produktivität aufrechtzuerhalten. Diese Nachfrage nach Düngemitteln stammt hauptsächlich aus Produkten wie Soja, Mais, Kaffee und Zuckerrohr.
Hohe Kosten: Der Import ist billiger, da die Logistik in Brasilien teuer und die Infrastruktur begrenzt ist, betont Cogo. Brasilien hat einen Nationalen Düngemittelplan, der 2022 ins Leben gerufen wurde. Das Ziel ist es, bis 2050 zwischen 45 % und 50 % des Landesbedarfs an Düngemitteln selbst zu produzieren. Dafür will die Regierung laut dem Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht bis 2030 mehr als 4 Milliuarden US-Dollar ausgeben. Für den Berater Cogo sind große Investitionen, Anreize und Infrastruktur erforderlich, um die Produktion zu steigern.
Kann man den Lieferanten wechseln?
Russland ist der zweitgrößte Produzent von Kalium- und Stickstoffdüngemitteln und der viertgrößte Produzent von Phosphatdüngemitteln weltweit. Im Jahr 2024 war das Land laut der Beratungsfirma Cogo der wichtigste Lieferant dieser Rohstoffe für Brasilien:
53 % Monoammoniumphosphat (liefert Stickstoff und Phosphor für Pflanzen);
40 % Kaliumchlorid;
20 % Harnstoff.
„Das ist eine sehr große Menge, die kein anderer Lieferant allein decken kann“, sagt Lima.
Russland als Lieferanten dieser Komponenten für Brasilien zu ersetzen, wäre laut Cogo nicht schnell zu bewerkstelligen. Denn dafür wäre eine logistische Umstrukturierung der Einkäufe sowie diplomatische Verhandlungen erforderlich, um neue Abkommen abzuschließen und Märkte zu erschließen. Zu den möglichen Alternativen für neue Lieferanten könnte Brasilien laut Cogo eine Ausweitung der Partnerschaften mit Kanada, Marokko, Nigeria und anderen Ländern des Nahen Ostens zählen. Er warnt jedoch davor, dass auch andere Länder Sanktionen vermeiden wollen und um dieselben Lieferanten konkurrieren könnten.
Warum verbraucht Brasilien so viel Düngemittel?
Brasilien ist der viertgrößte Düngemittelverbraucher der Welt. Das liegt daran, dass der Boden des Landes chemisch nährstoffarm ist, vor allem im Cerrado, sagt Cogo. Dem Berater zufolge verfügt die Region über eine geringe Verfügbarkeit essenzieller Elemente wie Phosphor und Kalium und weist zudem einen hohen Säuregehalt auf. Hinzu kommt das tropische Klima des Landes. Brasilien leidet unter starken Regenfällen, die die Auswaschung begünstigen, ein Prozess, bei dem Nährstoffe schnell aus dem Boden verloren gehen. Dies unterscheidet sich von Ländern mit gemäßigtem Klima, wo der Boden von Natur aus fruchtbarer ist und die Verluste geringer sind. Die intensive Landwirtschaft erhöht ebenfalls den Bedarf an Düngemitteln. Sie ermöglicht mehrere Ernten pro Jahr, was eine ständige Zufuhr von Nährstoffen erfordert. Exportorientierte Kulturen wie Soja, Mais, Zuckerrohr, Kaffee und Baumwolle sind sehr nährstoffbedürftig. Daher benötigen sie große Mengen an chemischen Düngemitteln, um ihre Produktivität aufrechtzuerhalten.
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