Wie der Amazonas-Regenwald Trockenheit überstehen kann

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Wenn man vom Amazonasgebiet spricht, sind die Daten alle superlativ (Foto: Tânia Rêgo/Agência Brasil)
Datum: 22. September 2025
Uhrzeit: 13:58 Uhr
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Autor: Redaktion
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Angesichts des Klimawandels und zunehmender Dürren steht der Amazonas-Regenwald unter immer größerem Druck. Eine neue Studie von Senckenberg-Forschern zeigt, dass nicht nur die Größe oder Artenvielfalt des Waldes entscheidend für seine Widerstandsfähigkeit ist, sondern vor allem die hydraulische Vielfalt der Bäume. Wälder mit einer größeren Bandbreite hydraulischer Strategien – von tiefen Wurzeln über widerstandsfähige Leitbündel bis hin zu unterschiedlichen Wachstumsraten – überstehen Dürren deutlich besser. Dieses Ergebnis vertieft nicht nur das Verständnis der Walddynamik, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf Naturschutzstrategien und Klimamodelle.

Der Amazonas-Regenwald ist das größte zusammenhängende tropische Waldgebiet der Erde und erstreckt sich über neun südamerikanische Länder. Er gilt als einer der wichtigsten „Hotspots“ der Biodiversität – Millionen von Tier- und Pflanzenarten leben dort. Neben dieser einzigartigen Artenvielfalt spielt der Amazonas auch eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem: Riesige Mengen an Kohlenstoff werden dort gespeichert und tragen dazu bei, die Erderwärmung zu bremsen. „Doch die ‚Lunge der Erde‘ steht unter Druck. Steigende Temperaturen und unregelmäßige Niederschlagsmuster bedrohen den Regenwald und seine Vielfalt“, erläutert Dr. Liam Langan, Erstautor der Studie vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt (SBiK-F) und fährt fort: „Dürren – insbesondere langanhaltende und schwere Ereignisse – bedrohen das empfindliche Gleichgewicht des Wassertransports in den Bäumen. Wenn der Wald dies nicht ausreichend kompensieren kann, drohen ein massenhaftes Absterben der Bäume und eine Störung des globalen Kohlenstoffkreislaufs.“

Langan hat gemeinsam mit seinen Kollegen apl. Prof. Dr. Simon Scheiter (SBiK-F), Prof. Dr. Thomas Hickler (SBiK-F und Goethe-Universität Frankfurt) und Prof. Dr. Steven Higgins (Universität Bayreuth) die hydraulischen Eigenschaften der Amazonas-Bäume untersucht. Diese biologischen Merkmale bestimmen, wie effizient und zuverlässig Bäume Wasser von den Wurzeln zu den Blättern transportieren, wenn dieses knapp ist. „Manche Arten verbrauchen Wasser ‚vorsichtiger‘ oder halten länger durch, während andere schneller reagieren oder anfälliger sind“, erklärt Hickler.

Durch eine integrative Methodik, die Felddaten, Daten von Pflanzenmerkmalen und Modellsimulationen kombiniert, zeigt das Team in seiner neuen Studie, wie sich diese hydraulische Vielfalt auf die Widerstandsfähigkeit ganzer Wälder gegenüber Dürrestress auswirkt. Ihre Ergebnisse: Wälder mit einem breiteren Spektrum hydraulischer Strategien unter den koexistierenden Arten zeigten eine deutlich höhere Resistenz – erkennbar an stabilerem Wassertransport und geringeren Sterblichkeitsraten während Dürren. Bei plötzlichen extremen Trockenphasen mit 50 Prozent weniger Regen über vier bzw. sieben Jahre verringerten sich die Verluste laut den Modellierungen um 17 Prozent bzw. 32 Prozent. Bei langfristigen Niederschlagsrückgängen durch den Klimawandel sanken die Verluste sogar um 34 Prozent. Besonders starke Dürren machten diesen Schutzeffekt der Vielfalt noch deutlicher sichtbar, betont das Forschungsteam.

„Die ‚Arbeitsteilung‘ verhindert, dass alle Bäume gleichzeitig der Dürre erliegen, und stabilisiert den gesamten Wald“, so Hickler. Scheiter ergänzt: „Darüber hinaus beeinflusst die hydraulische Vielfalt nicht nur das Überleben einzelner Bäume, sondern auch übergeordnete Ökosystemprozesse wie den Kohlenstoffspeicher. Bäume, die auch in Dürrezeiten funktionsfähig bleiben, tragen weiterhin zur Kohlenstoffbindung bei – ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den Klimawandel.“

Die Ergebnisse der Forscher haben große Bedeutung für Aufforstungsprojekte und Klimamodelle. „Wer Wälder neu pflanzt, setzt oft auf wenige, schnellwachsende Arten – doch dadurch fehlt die Vielfalt, die langfristig gegen Dürren schützt. Für stabile, zukunftsfähige Wälder ist es daher wichtig, Arten mit ganz unterschiedlichen hydraulischen Eigenschaften einzubeziehen“, empfiehlt Hickler. Auch für Klimaforschung und Politik liefert die Studie wichtige Impulse: Modelle, die solche Unterschiede berücksichtigen, können genauer vorhersagen, wie Wälder auf den Klimawandel reagieren und wie viel Kohlendioxid sie künftig noch speichern können, heißt es in der Studie.

„Unsere Forschungsergebnisse sind – über den Amazonas hinaus – für tropische Wälder weltweit relevant, die zukünftig zunehmendem Dürrestress ausgesetzt sind. Unsere Botschaft ist klar: Vielfalt ist eine Überlebensstrategie. Je unterschiedlicher die Bäume im Amazonas ihre Wasserversorgung organisieren, desto besser kann das gesamte Ökosystem Dürren überstehen – und desto größer ist seine Chance, auch in einer wärmeren, trockeneren Welt zu bestehen“, fasst Langan zusammen.

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