Der Amazonas wird oft als ein einziger Wald betrachtet, doch die Risiken, denen seine Bewohner durch extreme Wetterereignisse ausgesetzt sind, variieren stark über die Grenzen hinweg. Eine neue Analyse von Forschern aus Brasilien, Ecuador, Bolivien, Kolumbien und den Vereinigten Staaten legt nahe, dass diese Risiken zudem weitgehend unterschätzt werden. Das Team hat mehr als 12.500 Berichte über Stürme, Überschwemmungen, Erdrutsche, Dürren und Waldbrände zwischen 2013 und 2023 aus fünf Ländern zusammengetragen. Selbst mit großen Lücken ist das Bild düster. In einem einzigen Jahr waren mehr als 3 Millionen Menschen betroffen und mehr als 100.000 öffentliche Infrastruktureinrichtungen beschädigt. Die Autoren zeigen, dass sich Katastrophen entlang zweier Flanken des Beckens häufen: in den Ausläufern der Anden, wo steiles Gelände und intensive Regenfälle Erdrutsche verursachen, und in der Übergangszone zwischen Orinoco und Amazonas, wo Brände im Zusammenhang mit Landwirtschaft und Landraub immer häufiger auftreten. Ecuador führt die Liste der Gemeinden mit den meisten gemeldeten Ereignissen an. Brasilianische Städte tauchen dagegen seltener auf – nicht weil das Land verschont bleibt, sondern weil die Meldesysteme unterschiedlich sind. Vier Amazonasländer lieferten keine kommunalen Daten, obwohl es eindeutige Hinweise auf Auswirkungen gab.
Hitzewellen und Dürren weisen die größten Mängel bei der Berichterstattung auf. Fast alle aufgezeichneten Vorfälle stammen aus Brasilien, obwohl beide Gefahren in der gesamten Region auftreten. Die Autoren argumentieren, dass diese Ereignisse „im gesamten Amazonasgebiet wahrscheinlich zu selten gemeldet werden“, eine Schlussfolgerung, die durch Satellitenbilder von Erwärmungs- und Austrocknungstrends bestätigt wird. Fernerkundungsdaten halfen dabei, Teile der Aufzeichnungen zu validieren. In Bolivien stimmten die Spitzenwerte der per Satellit erfassten „Hot Pixel” mit den Berichten über Waldbrände überein. In Jahren mit mehr Tagen mit starken Regenfällen nahmen die Überschwemmungen zu, und Erdrutsche konzentrierten sich auf höher gelegene Gemeinden entlang abgeholzter Hänge. Dennoch können die Korrelationen fehlende oder inkonsistente Regierungsaufzeichnungen nicht kompensieren.
Die größere Sorge gilt der zunehmenden Anfälligkeit. Viele betroffene Gemeinden sind von Wäldern, Flüssen und kleinbäuerlicher Landwirtschaft abhängig. Wenn Dürren Flussbetten freilegen, bricht die Ernährungssicherheit zusammen. Wenn Überschwemmungen die Abwassersysteme in Flussstädten wie Manaus überfordern, sind Zehntausende unbehandeltem Abwasser ausgesetzt. Und der Rauch der Waldbrände erreicht mittlerweile auch große städtische Zentren und verursacht Atemwegserkrankungen weit über die Brandgebiete hinaus. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es der Region an gemeinsamen Daten, Koordination und langfristiger Planung mangelt, um den sich verschärfenden Klimarisiken zu begegnen. Wie die Autoren schreiben, müssen die Länder „den Amazonas als ein einziges System betrachten” und entsprechend grenzüberschreitende Strategien entwickeln.







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