Ehrlich gesagt, ich mag NGOs nicht besonders. Diese Nichtregierungsorganisationen sind jedoch wirklich notwendig. Oft genug decken sie Missstände auf, kämpfen unablässig für die Beseitigung selbiger und legen den Finger tief in die Wunden, welche die Politik in ein Land, ein Volk oder eine Gruppe gerissen hat. Damit es noch ein bisschen mehr weh tut und auch der letzte Unbeteiligte den Schmerzensschrei hört.
NGOs haben auch die faszinierende Eigenschaft, Emails im Akkordtempo zu verschicken. Viele kleine ehrenamtliche Helferlein sichten die Brennpunkte, werten unzählige Medien aus und jagen die Berichte rund um die Welt. In vielen Sprachen, an viele Orte – an jeden, der irgendwann einmal mit ihnen Kontakt hatte oder in Kontakt kommen könnte. Manches davon landet bei mir bereits im Spam-Ordner, ohne das ich etwas dafür tun musste. Aber auch der Spam erscheint zu Kontrollzwecken auf meinem Bildschirm und so überfliege ich zumindest die Überschriften und versuche zu erhaschen, um was es diesmal wieder geht.
Leider wiederholt sich vieles in immer kürzeren Intervallen und so landet dann doch einiges noch der Kurzsichtung gnadenlos im Papierkorb. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass ich der Hiobsbotschaften überdrüssig bin, kenne ich doch viele Probleme bereits, habe zumeist darüber schon berichtet und will die Leser vor der gleichen Reizüberflutung bewahren, die mir jeden Morgen noch vor der ersten Tasse Kaffee mein Outlook beschert.
Betrachte ich mir die Mails, Newsletter, Bulletins, Messages und Infos der NGOs, seien es Menschenrechtler, Umweltschützer, kirchliche oder soziale Organisationen, dann sind ihre (Er-)Mahnungen und Anklagen scheinbar völlig erfolgslos. Nichts hat sich geändert nach dem Versand tausender Emails, Petitionen, Protesten, Demonstrationen, Verfassungsklagen und was weiss ich noch alles. Zumindest bekommt man davon nichts mit. Die NGOs sind vermutlich einfach zu bescheiden. Denn wenn sich etwas ändert, dann ist ja schließlich ein Politiker, eine Behörde, ein Firmenboss oder Vorstand dafür verantwortlich. Er ist der Doktor, der den Finger aus der Wunde zieht und die Heilung einleitet. Oder etwa nicht?
Vielleicht ist die Hand aber auch zu beschäftigt. Eventuell gibt es ja viel zu viele Wunden, als sich mit einem (Teil-)Erfolg anzufreunden und diesen auf die gleiche Art und Weise zu kommunizieren wie die Anklageschrift. Wird das Vorhaben vereitelt, kommt die elektronische Post mit Nennung des Übeltäters per Hyper-DSL. Wird ein Missstand beseitigt und die Situation darüber hinaus noch verbessert – und glauben Sie mir, das passiert tatsächlich dann und wann – ja dann findet man das maximal als Randnotiz tief vergraben auf der jeweiligen Webseite oder die Tatsache wird gar nicht erst von den Helferlein übersetzt.
Diese einseitige Kommunikation finde ich traurig. Denn hier verfehlen zahlreiche NGOs immer wieder aufs Neue ihren eigentlichen Auftrag. Vielleicht haben sie sich so in die Rolle des Anklägers hinein gesteigert, dass sie den Blick für das Wesentliche verloren haben. Und mit Sicherheit korrelieren auch die Missstände und das Spendenaufkommen miteinander. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Wir als Journalisten müssen zumindest versuchen, ausgewogen zu berichten. Doch gerade Informationen über positive Veränderungen sind weitaus schwieriger zu beschaffen. Denn diejenigen, welche es hautnah miterleben, behalten anscheinend ihre Erkenntnisse lieber für sich. Sie waren schliesslich die Ankläger und nicht die Richter. Und daher gibt es von ihnen auch keine Chance auf Freispruch oder Bewährung.
Und darum mag ich die meisten NGOs nicht besonders.
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