Polizei und Militär hat in Rio de Janeiro in Brasilien am Sonntag in einer Megaoperation eine Drogenhochburg der Millionenmetropole besetzt. Rund 2.700 Einsatzkräfte von Zivil- und Militärpolizei, Angehörige der Sondereinheit Bope sowie hunderte Soldaten des brasilianischen Militärs stürmten um sieben Uhr morgens Ortszeit das aus rund 17 Favelas bestehende Armenviertel im Norden der Stadt.
Nach letzten Angaben gab es zahlreiche Tote und Verletzte, den ganzen Tag über waren Schüsse aus dem umkämpften Gebiet zu hören. Dort hatten sich nach der Erstürmung der Favela Cruzeiro mehr als 500 Drogenhändler verschanzt und leisteten den vordringenden Einheiten erbitterten Widerstand. Entgegen früherer Einsätze gingen die Sicherheitskräfte jedoch mit aller Härte vor, auch zahlreiche Panzerfahrzeuge und Militärhubschrauber kamen zum Einsatz.
Nach der Eroberung des Viertels, in dem etwa 65.000 Menschen unter teilweise prekären Bedingungen leben, hisste die Polizei als Zeichen ihres Sieges die brasilianische Flagge auf dem Dach des neu errichteten Gebäudes einer Seilbahn, welche den Bewohnern zukünftig den Zugang zu der an einem Hügel gelegenen Favela erleichtern soll. In einem zweiten Schritt sollen nun sämtliche Gebäude durchsucht werden, die Aktion wird die kommenden Tage damit fortgesetzt.
Bereits am Samstag hatten sich zahlreiche Bewohner vor dem bevorstehenden Angriff in Sicherheit gebracht. Viele flüchten mit ihrem gesamten Hab und Gut in ruhigere Zonen, die Region war am Sonntag bis auf die schwer bewaffneten Beamten teilweise menschenleer. Die Beamten stellten zahlreiche Schusswaffen sicher, darunter, Pistolen, Maschinengewehre und Präzisionsfeuerwaffen mit einer Reichweite von bis zu zwei Kilometern. Zudem wurden Unmengen an Drogen beschlagnahmt, alleine in einem Haus konnten mehr als zwei Tonnen Marihuana angetroffen.
Der Gouverneur von Rio de Janeiro, Sérgio Cabral, zeigte sich begeistert von dem Erfolg der Operation. „Heute schlagen wir eine neue Seite in Rio de Janeiro auf“ erklärte der Politiker, der von Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva militärische Unterstützung im Kampf gegen die organisierte Kriminalität in seinem Bundesstaat angefordert hatte.
In der Stadt mit den Postkartenmotiven Copacabana und Ipanema herrscht seit Jahren ein erbitterter Kampf zwischen zahlreichen Drogengangs und der Polizei. Die Kriminellen hatten vor rund einer Woche mit immer häufigeren Übergriffen auf die Bevölkerung gegen die Stationierung von Einheiten der sogenannten Friedenspolizei „protestiert“ und bei den Zusammenstößen mit den Polizeikräften teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände provoziert. Über 100 Fahrzeuge, Motorräder und Linienbusse gingen in den vergangenen Tagen in Flammen auf, mehr als 2.500 Anzeigen gingen bei den Behörden ein.
Rio de Janeiro ist Spielstätte der Fussball-Weltmeisterschaft 2014 und Ausrichter der Olympischen Sommerspiele 2016. Kritiker hatten bei der Vergabe jeweils die prekäre Sicherheitslage in der Stadt bemängelt, in der sich durch eine verfehlte Siedlungspolitik in den vergangenen Jahrzehnten über hunderte kleinerer und größerer Elendsviertel gebildet hatten. In diesen Favelas bestimmen schwer bewaffnete Drogengangs das tägliche Leben, oftmals kann die Polizei nur machtlos zusehen.
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